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Volltext: Holz-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 18

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I. Die -Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc. 
Ornamentik. Im Detail mischen sich mit der letzteren nicht selten 
Anklänge an Romanisches. Frankreich bietet nicht ein einziges Stück 
dieser Richtung. Italien nur einen unbedeutenden, für einen beson 
deren Zweck — eine Waffensammlung — angefertigten Sessel mit 
gothisirendem Detail; Deutschland sehr Weniges, jedoch eine treffliche 
Leistung: Bücherschrank, Schreibtisch und Sessel von H. C. Wo 11- 
brandt in Hamburg; Oesterreich-Ungarn nur Vereinzeltes ohne her 
vorragenden Werth. An den Arbeiten des Brunners R. S. Feeg, 
die sämmtlich kirchlichen Zwecken bestimmt waren, vermisste man 
ein feineres Verständniss für die Bildung des gothischen Laubwerkes. 
Man würde jedoch fehlgreifen, wenn man aus diesem spärlichen 
Auftreten der Gothik sofort den Schluss auf ihr Aussterben in der 
Möbelfabrikation ziehen wollte. In Norddeutschland zum Mindesten 
erfreuen sich die neugothischen Möbel noch einer Beliebtheit, die zum 
Besten aus den zahlreichen Entwürfen erhellt, welche in den letzten 
Jahren veröffentlicht worden: man erinnere sich der Northoff’sehen 
Hefte, der gothischen Entwürfe in Edwin Oppler’s „Kunst im Ge 
werbe“, der Entwürfe von W. Hauers und Jordan unter den vom 
hambnrgischen Gewerbeverein herausgegebenen Zeichnungen ganzer 
Mobiliare. Auch in Wien dürfte die Gothik nicht so ganz erloschen 
sein, wie man nach der Ausstellung urtheilen möchte: Friedrich 
Schmidt, Carl II äsen au er und andere Architekten haben in den 
letzten Jahren nicht selten, z. B. in den V. T eirich’schen „Blättern 
für Kunstgewerbe“, gothische Entwürfe der Oeffentlichkeit übergeben, 
deren Ausführungen der österreichischen Möbelausstellung zu höherer 
Zierde gereicht hätten, als manche der Reproductionen aus dem List’- 
schen Möbeljournal. 
Treffender lässt sich aus dem Vorhandenen auf das Aussterben des 
Rocoeo schliessen. Was noch in den Formen dieser Geschmacksrichtung 
geboten wird, gehört nicht mehr jenem Rococo an, das im zweiten Viertel 
dieses Jahrhunderts den verdorrten Empirestil ablöste und vom echten 
Rococo nur seine Verirrungen in den Details der Zierrathen erborgt, 
ihm nicht den kokett graciösen Schwung, die Consequenz der decora- 
tiven Behandlung, nicht die eigenartige Stimmung des Colorits, nicht 
die technische Mannigfaltigkeit und Verve abzusehen gewusst hatte. 
Beispiele des lahmen Muschelwerks des modernen Rococo sind 
sehr spärlich und fristen nur an Erzeugnissen weniger Handwerker 
aus Provinzialstädtchen ein wenig aufdringliches Dasein. Nur einige 
Sesselformen, besonders in der französischen und belgischen Abtheilung, 
machen aus oft erörterten Gründen moderner Bequemlichkeit eine 
Ausnahme. Das zumeist vergoldete Holz spielt dabei fast immer eine 
untergeordnete Rolle gegenüber den gewebten Ueberzügen, auf denen 
die naturalistischen Blumenmuster, die Trophäen von Geräthen idyl 
lischer Cultur und Liebesattfibuten, die Scenen verliebten Schäfer-
	        
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