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Volltext: Holz-Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 18

I. t)ie Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc. 383 
Mit derselben Empfehlung sei hier auch einer von Martin in 
Granada ausgestellten Commode gedacht. Dieselbe war nach einem 
alten Muster gearbeitet, welches nach Aussage von Landeskundigen 
hin und wieder in Spanien vorkommt und dem Anfänge des vorigen 
Jahrhunderts entstammen mag. Schnitzwerk und ornamentale Ein 
lagen waren nicht verwendet. Die Seitenwände und die Schubladen 
füllungen waren mit Ebenholz und polirtem Schildpatt belegt; dieses, 
durch gefärbte Unterlage leicht geröthet, überzog die breiteren Glie 
der , auch die geschwungenen, während ersteres die feineren Glieder 
bildete und die Felder und Rahmen mit Elfenbeinlinien umzogen 
waren. Die Platte bestand — jenen edlen Stoffen nicht ebenbürtig — 
aus Nussholz mit eingelegten Elfenbeinlinien. 
Das Zweckliche und die Arten der Möbel. 
Die Frage nach der Zweckdienlichkeit ist auch für die Holz 
industrie von tiefgreifender Bedeutung. Gilt in den Kunstgewerben 
für Gebrauchsgegenstände aller Art allgemein der Grundsatz, dass die 
Form eines Gefässes, Geräthes oder Möbels nicht im Widerspruch mit 
dem Zwecke desselben stehen darf, sondern möglichst aus letzterem 
entwickelt werden muss, so ist für die Möbel insbesondere zu erwägen, 
dass auch das eleganteste Luxusmöbel niemals aufhört, zugleich irgend 
einem Bedürfniss zu genügen. — Die reinen Schaustücke, welche z. B. 
in der Kunsttöpferei eine so wichtige Rolle spielen, kommen hier überall 
nicht vor. Hält man dieses fest, so ist gleich ein Grund gegeben, 
der vor völliger Verwilderung schützt. Eine weitere folgerichtige 
Rücksichtnahme auf die Zweckdienlichkeit jedes einzelnen Stückes 
müsste sich unseres Erachtens als ausserordentlich fruchtbringend er 
weisen. 
Heber blinde Nachahmung alter Möbelformen, die in der Zeit 
ihrer Entstehung einem in den damaligen Bräuchen und Sitten beruhen 
den Bedürfniss entsprachen, welches heute nicht mehr vorhanden, ist 
im Allgemeinen nicht zu klagen, wohl aber wäre eine theilweise Um 
gestaltung einer Anzahl heute noch gang und gäber Formen zu wün 
schen, die nicht den feineren Anforderungen unserer Gesellschaft an 
Bequemlichkeit und handliche Benutzbarkeit entsprechen, sondern zu 
meist nur diesen Anforderungen oberflächlich angepasste Umbildungen 
älterer Formen darstellen. 
Von grösserer Bedeutung aber wäre es, wenn Erwägungen jener 
Art öfter Einfluss gewönnen auf das Verhältniss des Schmuckes zum Ge 
schmückten, auf Stoff und Technik des ersteren, auf die Art und den 
Umfang seiner Verwendung. So ist z. B. übermässiger Schmuck, meist 
geschnitztes Ornament, an unschicklicher Stelle, ohne Rücksicht darauf, 
wie dasselbe dem Gebrauch des Möbels hinderlieh ist oder durch diesen
	        
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