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I. Die Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc.
gemach. Das weissliche, glänzend polirte Ahornholz der Möbel, hell
bräunlich gelbe Verkleidung der Wände und ein entsprechender
Anstrich der verschalten Decke geben hier den freundlichsten Hinter
grund, auf dem die rothseidenen Bezüge der Stühle und der au dei 1 en-
sterwand entlang geführten breiten Bank, die rothseidenen Bett- und
Thürvorhänge mit ihren wundervollen Bordüren, Quasten und Behängen
in Roth, Blassgelb und dem national-russischen hellen Blaugrün köst
lich wirken. Das grosse altrussische Himmelbett steht auf erhöhter
Estrade mit dem Kopfende an der Wand, inmitten des Zimmers; ihm
zu Füssen die breite und tiefe nationale Bettkiste, „laretz , mit reichen
Beschlägen aus versilberter Bronze an den Ecken und auf dem ge
wölbten Deckel. Das Gerüst des Himmels ist hinten an der Wand, vorn
über dem Fussende mittelst Tragsäulen an der Decke befestigt, ähn
lich wie man die Betthimmel auf mittelalterlichen Interieurs dargestellt
sielvt. So üppig auch die Draperien, sie verhüllen doch nicht, sondern
heben nur das zierlich gedrechselte Stabwerk, das dem hölzernen
Kranz des Himmels seine Schwere zu nehmen scheint. Das übrige
Mobiliar besteht aus einem Nachtschränkchen, einer Toilettecommode,
einem Waschtisch, dem Schränkchen für Heiligenbild und Lampe und
zwei Arten niedriger Sessel aus polirtem Ahornholz, sämmtlich gleich
originell im Aufbau wie in der Verzierung mit gedrechselten Stäben
und Spriegeln mit gekerbtem und geschnittenem, in den Vertiefungen
matt belassenem, einfachem Ornament, mit Thürangeln und Schloss
beschlägen, die aus versilberter Bronze geschnitten sind. Die Wände
des Waschtischaufsatzes in der einen Ecke neben dem Bette sind mit
Fayenceplatten von derselben Technik wie die Ofenkacheln bedeckt.
Die feinen linnenen Handtücher, die jederseits von ihm herabhängen,
zeigen breite, mit rother Seide nach nationalen Mustern gestickte
Bordüren. Diese Muster sowohl wie diejenigen auf den Kacheln des
grossen cylindrischen Ofens in der anderen Ecke neben dem Bette
— dort einfarbige, geometrische Muster, Bandverschlingungen oder
stilisirte Adler abwechselnd mit blumengefüllten Vasen, hier das letztere
Motiv, reicher entwickelt, doch der Technik angemessen streng stilisirt —
erinnern gleichmfissig an bekannte Motive aus der deutschen Renais
sance, und doch haben beide, wie Alles, was zur Einrichtung dieser
Zimmer gehört, ein durchaus originales Gepräge. — In der anstossenden
kleinen Betstube gleichen die wenigen Stühle denen der Schlafstube. An
der Wand steht der aus weissem Marmor gemeisselte Hausaltar mit gemal
ten Heiligenbildern in der Nische und der traditionellen Nachahmung
des hängenden Tuches mit Spitzenbordüre auf der Schwelle derselben.
Von dem schönen Zusammenwirken und all den trefflichen Einzel
heiten dieser Einrichtungen vermag eine nicht durch farbige Abbil
dungen unterstützte Beschreibung keine Vorstellung zu geben, um so
mehr ist zu bedauern, dass dieser Schatz auf der Weltausstellung ein