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I. Die Erzeugnisse der Möbeltischlerei etc.
In einem Uebergangsstadium mag das hingehen, es sollte aber einmal
ein Ende nehmen, um so mehr, als die Bekanntschaft mit den echten
Arbeiten unser Auge bald für ihre dem Europäer doch nicht erreich
baren Eigenthiunlichkeiten schärft.
Unter den Sesseln Roudillon’s waren besonders zwei im Stile
Henri II. von Bedeutung. Der eine von einfachster Form: die vier
Füsse durch ebensoviele Querhölzer je zwei und zwei in verschiedenen
Höhen verbunden, gepolsterter Sitz, leicht nach hinten geneigte, von
den einfachen Armlehnen aufwärts gepolsterte Rückenlehne; das ganze
Gerüst gleich den Polstern mit dunkel-olivgrünem, kleingemustertem,
sammetartigem Stoff fest anliegend überzogen; Sitz, Polster und unte
rer Stand des Rückenpolsters mit Fransenbehang. Ist auch die Con-
struction an und für sich gut und empfängt man von diesem Sessel den
Eindruck behaglicher Ruhe, so ist doch die vollständige Ueberkleidung
aller structiven Theile nicht ganz zu billigen. Vermieden ist diese
bei dem anderen Sessel aus Nussholz, der bis auf die fehlenden Arm
lehnen dieselbe Construction zeigt. Die durch vier starke vierkantige
Sparren in gleicher Höhe dicht über den kugeligen Füssen verbun
denen Stuhlbeine sind einfach gedreht; die vierkantigen Pfosten der
Rücklehne enden oberhalb des Polsters in ein fein geschnitztes Blatt
ornament; der Sitz ist gepolstert und in Schulterhöhe des Sitzenden
verbindet ein Polster die Pfosten der Lehne; die Polster sind mitdunkel-
rothem Seidensammet bezogen und mit reichem Behang seidener Trod
deln und Fransen geschmückt. Alles in Allem ein Möbel, das Bequem
lichkeit, gefällige Form und Festigkeit verbindet, eines der besten klei
neren Sitzmöbel auf der Ausstellung. — Anderer Arbeiten Roudil
lon’s ist schon in anderem Zusammenhang gedacht worden. Hier sei
nur noch erwähnt, dass er auch an mehreren kleineren, mit Ebenholz-
Elfenbein-Intarsia gezierten Tischen sein Verständniss für stilgemässe
Behandlung des Stoffes und seine Neigung zu einfacher Anmuth be
währt hatte.
Roudillon zunächst unter den Parisern ist Henri Fourdinois
zu nennen. Sein glänzendstes Stück war ein vom Jahre 1867 her be
kanntes überprächtiges Bettgestell mit Himmel nach französischer Art
im Stile Louis XVI.; auffallend durch den Reichthum der vergoldeten
Bronzeornamente, die das Ebenholz'der structiven Theile nahezu ver
decken; auffallend durch die reizvollen Gobelins, welche in schweren
Falten von dem Himmel herabhängen, die Wand hinter dem Kopfende
verdecken, als Füllungen in das dreigetheilte Rahmenwerk des Fuss-
endes gespannt sind, und für jede dieser Functionen denselben beson
ders angepasste Muster in dem kokett - zierlichen, mit naturalistischen
Blumen ä la Ranson auf’s Anmuthigste durchflochtenen Arabeskenstil
der besten Zeit Ludwig XVI. zeigen. Abgesehen davon, dass der sehr
massiv gebildete, mit metallenen Ornamenten überladene Himmel un-