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Gruppe VIII. Holz-Industrie.
Tabouret von ähnlicher Form, das ganz vergoldete Gestell ahmt
knorrige, epheuumrankte Aeste nach, Zarge blau überzogen, auf dem
Sitz eine türkische Stickerei.
Ferner unter denjenigen Sitzmöbeln, welche die Art des Divans
auf den Sessel übertragen (reine Tapeziermöbel) folgende: Breiter und
tiefer Sessel mit Seitenlehnen; Polsterung himmelblau, Knöpfe grün
mit Orange besponnen; zwei breite über Sitz und Lehne senkrecht lau
fende Streifen, schwarz mit persischem Muster in grüner und dunkel-
rosenfarbener Applicationsstickerei; ein ähnlicher Streifen auf jeder
Seitenlehne; bunter Litzenbehang.
Sessel derselben Form, Polsterung kaffeebraun, Litzen gelb und
blau; über Sitz und Bücken läuft ein breiter blauer Streifen mit
gelblichbrauner Applicationsstickerei (magere Epheuranken).
Mit diesen Beispielen ist die L emo ine’sehe Sesselausstellung bei
Weitem nicht erschöpft; sie werden aber genügen, diese Kichtung der
Pariser Möbelindustrie zu kennzeichnen. Nur sehr wenige, etwa der
Sessel Louis XVL, der Stuhl mit Gurtenbezug und ein oder das andere
Tapeziermöbel kann als einigermaassen gelungen bezeichnet werden.
Man messe diese Leistungen eines Pariser Hauses ersten Banges mit
dem Maassstabe der Forderungen, welche vom theoretischen Stand
punkte aus an das heutige Kunstgewerbe gestellt werden, man ver
gleiche sie mit den Möbeln, welche z. B. Ph. Haas & Söhne in Wien
nach Scorck’schen Entwürfen hersteilen Hessen, um an ihnen die
Pracht ihrer gewebten Stoffe entfalten zu können, und man wird sich
in seinen Hoffnungen auf eine kommende Blüthe des deutschen Kunst
gewerbes , zunächst freilich wohl auf österreichischem Boden, neu ge-
kräftigt fühlen.
Mit den vorgenannten Ausstellern konnten Colin, Dämon & Co.
(Maison Krieger) nicht durch die mannigfaltige Fülle des Gebote
nen wetteifern, ihr Hauptstück aber, das mehrfach erwähnte von
Mainsent gezeichnete Himmelbett im Stil der französischen Benais-
sance, war dem Besten gleichzustellen, was die drei mit dem Ehren
diplom ausgezeichneten Pariser Firmen geboten hatten. Dem geschmack
vollen Keichthum und der meisterlichen Ausführung der Schnitzarbeit
ebenbürtig waren die prächtigen, schwarzen, goldumsäumten Appli-
cationsstickereien auf dem rothen Atlas des Himmels, der Draperien
und der beiderseits herabhangenden Decke. Mag der Preis von
25 000 Francs (wovon etwa die Hälfte auf die Stickereien entfällt)
für deutsche Verhältnisse exorbitant erscheinen, dass er ein dem Werthe
unangemessener, wird trotzdem ebensowenig behauptet werden können,
wie dass dieses Bett in die Kategorie des Fourdinois’schen Parade
bettes gehöre, vielmehr ist es wieder ein augenfälliges Beispiel dafür,
unter wie viel günstigeren äusseren Verhältnissen die französische In
dustrie im Vergleich mit der deutschen zu arbeiten in der Lage ist.