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Gruppe III. Chemische Industrie.
verbraucht als bei ihrem ersten Anfänge — circa 375 bis 400 Kg
75 bis 80 p. C. Rohsalz von 16 Kg Chlorkaliumgehalt auf 100 Kg
Handelswaare von 80 p. C. Chlorkaliumgebalt — und also noch reich
lich ein Drittel des in Arbeit genommenen Rohstoffes nicht direct zu
Gute macht, so ist doch andererseits zu berücksichtigen, dass der Preis
des Chlorkaliums von 36 Rmk. auf 12 Rmk. pr. 100 Kg gesunken ist,
während der Gestehungspreis des dazu erforderlichen Rohsalzes nur
von 12 Rmk. auf 6 Rmk. reducirt worden ist. Ferner darf hierbei nicht
unberücksichtigt bleiben, dass die Kaliindustrie sich auch für die gering
haltigeren Nebenproducte der Fabrikation in deren Verwendung als
Düngsalze (vergl. 8. 382 dieses Berichts) eine Absatzquelle geschaffen
hat, welche es zu Zeiten manchem Fabrikanten sogar vortheilhaft
erscheinen liess, speciell auf grössere Mengen von mittelgrädigeren
Abfallproducten zu arbeiten, selbst wenn dadurch der Rohsalzverbrauch
pr. 100 Kg Chlorkalium (80 p. C.) auf 900 Kg. und darüber stieg. Zieht
man endlich in Betracht, dass das Stassfurter Kalisalzlager, namentlich
nachdem seine bedeutende Ausdehnung durch die neueren, theilweise
bereits aufgeschlossenen Funde bei Westeregeln (Douglashall), Löder-
burg und Rothenförde (Zeche Agathe), und beim Lerchenbrunnen (Rie-
beck scher Schacht) als technisch unerschöpflich bezeichnet werden
kann, so ist die scheinbare Vergeudung von Material auch vom Stand
punkte der Nationalökonomie verzeihlich.
Nach dieser allgemeinen Betrachtung kehren wir zur Fabrikation
und zwar zu der zweiten bereits erwähnten Methode der Rohsalzver
arbeitung zurück, welche sich darauf gründet, dass Chlorkalium resp.
Carnallit in einem Ueberscbuss von heisser Chlormagnesiumlauge löslich
ist, während dieselbe Chlornatrium sehr wenig, Kieserit fast gar nicht
löst. Bei dieser Fabrikationsmethode, welche zuerst von der Firma
Ziervogel& Tuchen in grösserem Maassstabe durchgeführt worden ist,
wird daher das gemahlene Rohsalz nicht-mit Wasser sondern mit erhitz
ter Chlormagnesiumlauge unter beständigem Umrühren mittels mechani
scher Rührwerke behandelt; der Carnallitgehalt des Rohsalzes löst sich in
der Chlormagnesiumlauge auf und krystallisirt beim Erkalten nahezu
vollständig wieder heraus und die Mutterlauge wird immer zu neuen Be
handlungen verwendet. Der gleich als Product der ersten Krystallisation
gewonnene, sehr wenig Chlornatrium und fast gar keine schwefelsauren
Salze enthaltende, gereinigte Carnallit wurde zuerst nach dem von B alar d
beziehungsweise Merle angewendeten Verfahren durch einfaches Zerrüh
ren mit kaltem Wasser in meist ungelöst bleibendes Chlorkalium und
sich lösendes Chlormagnesium zersetzt; das so erhaltene Product zeigte
aber, obwohl es wenig Chlornatrium enthielt, meist einen nicht un
wesentlichen Chlormagnesiumgehalt und war ausserdem sehr feinkörnig —
schlammig —, so dass es weder von den Salpeterfabrikanten, noch zur
Darstellung von schwefelsaurem Kalium (durch Zersetzung mit Schwe-