584 Gruppe III. Chemische Industrie.
auf feurigem Wege. Bei dieser Gelegenheit hat Pettenkofer zuerst
den grossen Einfluss der Dichte, d. h. der Banmerfüllung im Zustand
von Pulver bei den Cementen klargelegt und die grosse Ueberlegen-
heit des Portlandcements in diesem Sinne nachgewiesen. Er fand diese
Eigenschaft, bei dem von ihm untersuchten Material, durch eine schup
pig blättrige Beschaffenheit der darum sich dicht fügenden Theilchen
wesentlich gefördert. Dieser letztere Theil seiner Beobachtung ist
nachher vielfach von Anderen in einer Weise verallgemeinert worden,
die das Mikroskop in keiner Weise bestätigt.
Gleich im Beginn dieses Zeitabschnitts finden die Aufstellungen
von Fuchs und Pettenkofer einen eifrigen, wenn auch in der Argu
mentation nicht immer glücklichen Yertheidiger in Feichtinger*).
Er gelangt mit einigen Concessionen zu folgender Formulirung für
den Portlandceroent: Nach dem Brennen ist amorphe Kieselerde neben
Silicaten und viel freiem Kalk vorhanden, bei der Erhärtung mit Wasser
macht sich eine dreifache chemische Thätigkeit geltend. Zunächst
Bindung von Wasser durch sämmtliche Bestandtheile und zwar als
einleitender Process (nicht gleichzeitig mit dem folgenden, wie Fuchs
wollte); dann Bindung von freiem Kalk durch die Kieselerde als eigent
liche Erhärtung; schliesslich Umwandlung des noch freien Kalkhydrats
in Carbonat durch die Kohlensäure der Luft. Diese mehr auf die Ober
fläche beschränkte Bildung von Kalkcarboiiat bildet den Schutz gegen
das Wasser, worin der Portlandcement merklich löslich. — A. Wink
ler 2 ) bekennt sich zu den Ansichten von Fuchs und seiner Nach
folger, soweit sie den Bomancement und die hydraulischen Kalke, nicht
aber den Portlandcement betreffen. Auf Grund der Löslichkeit des
letzteren in mit Chlorwasserstoff geschwängertem absolutem Alkohol
nimmt er an, dass schon beim Brennen Verbindungen des Kalks mit
Kieselerde, Thonerde und Eisenoxyd entstehen. Bei der Behandlung
mit Wasser zerfallen diese wieder in einfachere Silicate, welche Wasser
aufnehmen, und in Kalkhydrat, welches später in Carbonat übergeht.
Das eigentliche Wesen der Erhärtung bleibe noch offene Frage.
Aus dem Gegensatz der Meinungen entspinnt sich zwischen Feich
tinger 3 ) und Winkler 4 ) ein Kampf der Ansichten, der damit schliesst,
dass jeder bei seiner Meinung beharrt.
Schon Winkler wandte sich in seiner Untersuchung der Rolle
zu, welche die Thonerde in den Cementen spielt, indem er constatirt,
.dass dieselbe für sich mit Kalk geglüht, in Wasser stark und dauernd
erhärtende Cemente liefert. Aus gleichem Grund kommt Heidt 9 ) zu
folgender Ansicht über den Portlandcement: Beim Brennen von Thon
!) Feichtinger, Bayer. Kunst- u. Gewerbebl. 1858, 69. a ) A. Wink
ler, Dingl. pol. J. CLII, 109 u. CLIY, 57. 8 ) Feichtinger, Dingl. pol.
J. CLXXIY, 437. 4 ) Winkler, Dingl. pol. J. CLXXY, 208, Feichtinger,
Dingl. pol. J. CLXXYI, 378. 5 ) Heidt, Journ. pr. Chem. XCIY, 129 u. 202.