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Gruppe III. Chemische Industrie.
hohen Temperatur des Brandes als völlig gebunden zu betrachten, bei
diesen in Folge der niederen Temperatur zum Theil frei, aber kau
stisch. In den hydraulischen Kalken beruhe die Erhärtung zunächst
auf der Aufsehliessung der Kieselerde und ihrer Verbindungen im Feuer,
dann auf der Vereinigung von Kalk und Kieselerde einerseits und von
Kalk mit Thonerde (Eisenoxyd) andererseits, unter Eintreten von Was
ser, wahrscheinlich nach der Formel 2 CaO, Si0 2 -f- 4 H ä O und 3 CaO,
Al 2 0 3 (Fe 2 0 3 ), 3 H, 0. Zu beiden Endproducten, dem gewässerten Silicat
und Aluminat, geselle sich dann weiterhin Kalkcarbonat aus dem
überschüssigen Kalk und der Kohlensäure der Luft. — Was die Port-
landcemente anlangt, so bestehen auch diese, nach ihm, aus Kalksilicat
und Kalkaluminat. Indem er nun die Annahme einiger Autoren von
einem, wenn auch nicht bedeutenden Reste von freiem Kalk im Port-
landcement verwirft und das Abgeben von Kalkhydrat an das Wasser
aus der Zersetzbarkeit des Cements durch dieses Vehikel erklärt,
indem er sich ferner auf die Thatsache stützt,, dass in Wasser erhär
teter Portlandcement, nochmals gebrannt, sein Hydratwasser abgiebt
und die Fähigkeit zu erhärten wieder erlangt (was Feichtinger und
Heidt geleugnet hatten), scheint ihm kein Bedenken mehr gegen
die ‘Ansicht zu bestehen, dass das Erhärten des Portlandcements ein
fach auf der chemischen Bindung von Wasser von Seite der heim Bren
nen entstandenen Verbindungen beruhe. Damit schliesst er jedoch an
dere secundäre Reactionen nicht aus, so die Zersetzung sehr basischer
Aluminate in freien Kalk und weniger basische Aluminate, so die Bil
dung von kohlensaurem Kalk aus Kalkhydrat und durch Zersetzung von
Kalk- und Alkalisilicat durch Kohlensäure. Die dabei frei werdende
Kieselerde schlägt sich, soweit sie nicht mit noch vorhandenem Kalk
hydrat Verbindung eingeht, als Verkittungsmittel der Cementtkeilchen
nieder. Damit hänge auch die Beobachtung zusammen, dass Portland-
cement an der Luft grössere Härte annimmt, als unter Wasser.
Auch Schulatschenko’) unterscheidet die hydraulischen Kalk-
von den Portlandcementen. Für die ersteren hält er die Erklärung der
Erhärtung durch Fuchs festgestellt, für die Portlande dagegen noch
nicht sicher ermittelt.
Die Cemente bieten zuweilen der praktischen Anwendung sehr
ungünstige Erscheinungen, die bisher weit weniger Gegenstand der
Erforschung waren. Dahin gehört: das freiwillige Zerfallen glühend
aus dem Brennofen gebrachter Cemente • während des Erkaltens, aber
bei noch ziemlich hoher Temperatur, zu einem schlecht oder kaum
noch erhärtenden Mehl; ferner das sogenannte „Treiben tc nach begon
nener Erhärtung.
x ) Seüulatschenko, Cliern. News 1869, Nro. 489, S. 190.