Eisen.
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kaltem Zustande hart geworden sind. Es spricht auch dafür das ver
mehrte Volum des Stahls im gehärteten Zustande und dessen Vermin
derung durch das Ablassen, d. h. abermaliges Erwärmen und langsames
Erkalten, wobei sich die bisher entfernt gehaltenen Molecule gleichmässig
zusammenziehen können. Um verbranntem oder zu weichem Stahle
die Eigenschaft, Härte anzunehmen, zu geben, wendet man verschie
dene Härtungsmittel an, die eine Verstählung der Oberfläche bewiiken.
Ein solches ist die Mischung von Kulicke 1 ), die aus 12 Theilen Wein
säure, 60 Thran, 4 Kohlenpulver, 16 Beinschwarz, 20 Rindstalg, 10 Ka-
liumeisencyanür und 6 Theile gebranntem Hirschhorne besteht. Da
gegen ist das Mittel von A. Müller zusammengesetzt aus 5 Theilen
Chinarinde, 5 Hirschklauen, 2'5 Kochsalz, 1'5 blausaurem Kali, 1 5 Sal
peter und 10 grüner Seife. Der zu behandelnde Gegenstand wird
kirsehroth mit dem Härtemittel bestrichen und schliesslich in kaltem
Wasser rasch abgekühlt. Der chemische Vorgang besteht dabei in
einer oberflächlichen Aufnahme von Kohlenstoff 2 ).
Die Eigenschaften des Stahls werden auch durch Anwesenheit
fremder Körper verändert; so wird er nach \. Eggertz durch 0 5p.C.
Kupfer vollkommen untauglich und rothbrüchig. Grüner 3 ) fand, dass
ein geringer Gehalt von Phosphor, 0‘002 bis 0’003 p. C., noch nichts
schade, da er in ganz gutem Heatonstahl 0'0023 bis 0 0030 davon
fand. Caron 4 ) endlich untersuchte das Verhalten von Silicium; er
glühte eine Verbindung von Silicium und Eisen in Kohlenoxydgas und
erhielt dabei, unter Aufnahme von ß-Kohlenstoff, Stahl, während das
Silicium als Kieselsäure ausgeschieden wurde.
Diese chemische Reaction würde um so bemerkenswerther sein,
als bekanntlich sonst das Silicium den Kohlenstoff aus dem Eisen aus
scheidet, und sie erklärt sich wohl nur durch das gleichzeitige \oi-
handensein von Sauerstoff im Kohlenoxyde, welcher, wie die Theorie
des Puddelns zeigt, zum Silicium eine grössere Verwandtschaft hat,
als zum Kohlenstoff.
Ueber die chemische Zusammensetzung des Stahls, namentlich des
Bessemerstahls, liegt eine Reihe neuer Analysen vor, die wohl erwähnt
zu werden verdienen, da sie über das Räthselhafteste unter den Me
tallen Aufklärung geben.
Nach A. Streng 5 ) ist a. die Zusammensetzung von schweißbarem
Heerdfrischstahl von Schmalkalden; b. Puddelstahl von Königshütte
am Harz nach demselben; c. Obuchow’s Kanonengussstahl nach
Chodnew 0 ); d. Martingussstahl von Leoben nach v. Eschka 7 );
B Kulicke, Berggeist 1873, Nr. 62. 2 ) Berggeist 1870, Nr. 12.
3 ) Grüner, Compt. rend. BXX, 571; Wagn. Jahresber. 1870, 76. _ ) W-
ron, Compt. rend. LII, 1190. 5 ) Streng, Berg- u. Huttenmann. Ztg.
1861,348. «) Chodnew, Berg-u. Hüttenmänn. Ztg. 1861, 381. ) v. Kschüa,
daselbst 1869, 425 ff.