Die Soda-Industrie. 419
Jahren Gegenstand vielfacher Untersuchungen gewesen, über deren
wichtigste Resultate Folgendes zu berichten ist.
Zunächst ist die Frage, ob in der Rohsoda das Calcium als
ein Oxysulfid oder als ein Gemenge von Schwefelcalcium mit
Kalk enthalten sei, wiederholt zur Erörterung gekommen. Bekanntlich
hatte zuerst Dumas die Existenz einesCalciumoxysulfids angenommen,
um die Erscheinung zu erklären, dass in der Rohsodalauge sich niemals
wesentliche Mengen von Schwefelnatrium vorfinden. Er ging von der
Voraussetzung aus, Schwefelcalcium sei eine in Wasser lösliche Substanz,
und dasselbe würde sich daher, wenn es in der Rohsoda enthalten wäre,
mit dem in der Lauge vorhandenen Natriumcarbonat in Calciumcarbonat
und Schwefelnatrium umsetzen. Dumas vermuthete deshalb das Vor
handensein einer unlöslichen und unangreifbaren Verbindung von
Schwefelcalcium mit Kalk, für welche er die Formel Ca0.2CaS auf
stellte. Diese Ansicht wurde vielfach angenommen, so namentlich von
Brown und Unger, während andererseits zuerst Kynaston sowie
W. GossageundScheurer-Kestner sich gegen dieselbe erklärten, in
dem sie folgende Gründe geltend machten: 1) Das reine Schwefelcalcium
(durch Glühen von Gyps mit Kohle bei Luftabschluss dargestellt) ist
an und für sich in Wasser unlöslich und wird auch von Natriumcarbonat
lösung nur sehr wenig angegriffen. — 2) In der Sodalauge findet man
stets eine gewisse Menge Aetznatron. Die Rohsoda enthält aber diesen
Körper nicht, denn durch Alkohol lässt sich nichts davon ausziehen, er
kann also erst beim Auslaugen durch Einwirkung des Natriumcarbonats
auf den Sodarückstand entstehen. Ist dieser ein Calciumoxysulfid
(CaO . 2 CaS), so muss gleichzeitig mit dem Aetznatron sich auch Schwefel
natrium bilden, und zwar in dem Verhältnisse von 2 Na OH : 2 Na., S.
Dies ist aber nicht der Fall, es bleibt vielmehr die Schwefelnatrium
bildung bedeutend hinter derjenigen des Aetznatrons zurück. — Die
genannten Chemiker nehmen deshalb an, dass das Calciumoxysulfid
nicht existire, sondern als ein Gemenge von Schwefelcalcium mit Kalk
anzusehen sei, welch letzterer beim Auslaugen der Rohsoda die allmäh
liche Umwandlung einer gewissen Menge von Natriumcarbonat in Aetz
natron bewirkt 1 ).
Die weiteren seit dem Jahre 1863 ausgeführten Untersuchungen
über diesen Gegenstand sind folgende:
Für die Existenz eines Calciumoxysulfids sprach sich
E. Kopp 2 ) aus, und zwar auf Grund zahlreicher Analysen von Soda
rückständen, aus denen sich ergeben hatte, dass in den letzteren CaO
und CaS in einem Verhältnisse Vorkommen, welches stets nahezu der
x ) Bis dahin siehe: A. W. Hofmann, Reports by the Juries 1862,
24 bis 26. 2 ) E. Kopp, Compt. rend. BXI, 560; Wagn. Jahresber. 1865,
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