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Gruppe III. Chemische Industrie.
(schon von 200 bis 300° an* Pelouze), besonders in der Glühhitze
Oxydation des Schwefelcalciums zu Calciumsulfat stattfindet. Beim
Auslaugen zersetzt das letztere einen Theil der Soda unter Bildung von
Natriumsulfat, und es ist daher wichtig, die dem Ofen entnommene
Rohsoda während ihres Erkaltens möglichst vor Luftzutritt zu schützen.
Lässt man feuchte Luft auf die Rohsoda einwirken, so geht der Kalk
zunächst in Hydrat und dann langsam in Carbonat über, in Folge
dessen beim Auslaugen weniger Aetznatron entsteht. Ist Schwefel
natrium zugegen, wie dies namentlich bei der zu stark erhitzten (ver
brannten) Soda der Fall ist, so wird dasselbe durch feuchte Luft in
Hyposulfit umgewandelt. Gleichzeitig mit diesen Processen tritt aber
auch Oxydation des Schwefelcalciums zu Gyps ein, und zwar besonders
durch Vermittelung des jn der Rohsoda stets enthaltenen Eisenoxyds,
welches zunächst durch das Schwefelcalcium in Schwefeleisen übergeführt
wird, das sich an der Luft zu Eisenoxydsulfat oxydirt. Das letztere
setzt sich dann mit dem Schwefelcalcium wieder in Schwefeleisen und
Calciumsulfat um. Da dieser Process sich stets von Neuem wiederholt,
so kann durch eine kleine Menge von Eisenoxyd bei längerer Luft
einwirkung allmählich der Gypsgehalt der Masse sich sehr vermehren,
wodurch dann beim Auslaugen beträchtliche Verluste an Natriumcarbonat
entstehen. Es ist daher zweckmässig, die Einwirkung der Luft auf die
Rohsoda nur so lange andauern zu lassen, bis die in Folge der Kalk
hydratbildung erfolgende Zerklüftung der Masse in hinreichendem Grade
eingetreten ist, wozu je nach dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft drei bis
sechs Tage erforderlich sind. — Was die Einwirkung der Kohlensäure
auf Rohsoda betrifft, so fand Kolb, dass eine solche nur bei Gegenwart
von Feuchtigkeit stattfindet; sie besteht dann ausser dem üebergang
des Kalkhydrats in Carbonat noch darin, dass auch das Schwefelcalcium
angegriffen wird und in ein Gemenge von Calciumcarbonat und Calcium-
hydrosulfid sich umwandelt (2 CaS +- H 2 0 -f C 0 2 = CaC0 3 -f CaH 2 So),
welch letzteres beim Auslaugen in lösliches Calciumpolysulfid 2 ) über
gehen kann.
In Bezug auf die beim Erkalten der Rohsoda auftretende Ammo
niakentwickelung erwähnt Kolb noch, dass dieselbe durch Zersetzung
von Cyannatrium bedingt wird, dessen Bildung im Sodaofen auf Kosten
des Stickstoffs der Steinkohle stattfindet. Wird die letztere durch Coke
ersetzt, so entsteht kein Cyannatrium.
Auslaugen der Robsoda. Von den hierzu dienenden Methoden
hat diejenige von James Shanks in St. Helens, welche bereits in dem
Bericht von 1862 2 ) besprochen ist, seit dieser Zeit allgemeine Verbrei-
1 ) CaSß un( I CaS 4 . 4CaO -f- 18H 2 0. Vergl. Stahlschmidt, Dingl. pol.
J. CCV, 229. 2) A. W. Hofmann, Reports by the Juries 1862, 22.
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