Pflanzenfaser.
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Die für die Aufbereitung des Strohs nach diesen neueren Methoden
nothwendige Menge von Natron ist ziemlich beträchtlich und wurde
dadurch die Eentabilität der Strohstofffabrikation trotz des billigen
Rohmaterials sehr vermindert. Man scheint die Möglichkeit einer loh
nenden Wiedergewinnung des Natrons aus den braunen alkalischen
Mutterlaugen ganz übersehen zu haben und liess daher dieselben nebst
den grossen Mengen gefärbter Waschflüssigkeiten einfach in die Bäche
oder Flüsse ablaufen.
Die dadurch verursachte Verunreinigung der Flüsse erreichte be
sonders in einigen Gegenden Englands, wo gleichzeitig grosse Mengen
von Esparto in ganz ähnlicherWeise verarbeitet wurden, einen solchen
Grad, dass sich endlich das Parlament der Säche annehmen musste
und zum Schutze der Flüsse eine Commission einsetzte, welche mit Ent
schiedenheit auf die Beseitigung des auch noch durch andere Fabri
kationszweige verursachten und immer mehr überhand nehmenden
Uebels drang. In Folge dessen sah man sich nun gezwungen, diese
braunen alkalischen Strohlaugen zu verdampfen und durch Einäschern
des Rückstandes das Natron wieder zu gewinnen.
Die Papierfabrikanten betrachteten diese Zwangsmaassregel an
fangs als eine grosse Last, und entschlossen sich ungern, mit dieser für
sie neuen chemischen Operation sich zu befassen. Nachdem man aber
bald vielfache Verbesserungen in den dazu nöthigen Abdampfapparaten
und in dem Verfahren überhaupt eingeführt hatte, stellte es sich her
aus, dass die Wiedergewinnung des Natrons die Kosten der Strohstoff
bereitung nicht unwesentlich reducirt, und es hat dieser Umstand zu
der endlichen allgemeinen Einführung dieses Fabrikationszweiges sehr
erheblich beigetragen.
Für den vorliegenden Zweck erscheint es besonders angemessen
die ursprüngliche Methode von Mellier anzuführen und zwar nicht
allein, weil sie überhaupt das erste ausführlich veröffentlichte Verfah
ren ist, sondern auch, weil sie in Wirklichkeit alle die wesentlichen
Punkte in sich schliesst, welche noch heute für diese Operation maass
gebend sind.
Da das Stroh sehr häufig fremde Pflanzenstoffe und Unreinigkei
ten enthält, welche der Einwirkung der Chemikalien widerstehen und
dann später als lästige Verunreinigung im Papier zum Vorschein kom
men, so ist bei der Darstellung von Strohstoff, welcher für bessere
Papiere bestimmt ist, vor Allem darauf zu achten, dass durch eine vor
ausgehende Handscheidung dasjenige möglichst entfernt wird, was der
Erfahrung nach dem Verkochungsproeess grösseren Widerstand leistet
als das Stroh selbst. Das ausgesuchte Stroh wird dann durch eine
Häckselmaschine in etwa 2 cm lange Stückchen geschnitten und diese
dann durch eine Spreumühle von den schwereren Gliederknoten und
sandigen Beimengungen möglichst befreit.