146
Gruppe III. Chemische Industrie.
wurden je 100 Thle. des in Scheiben von 5 mm Dicke geschnittenen
Holzes mit warmem verdünnten Königswasser behandelt, welches aus
4 Thln. Salpetersäure, 6 Thln. Salzsäure und 250 Thln. Wasser zu
sammengesetzt war. Das durch die erfolgte Lösung des grössten Theils
der incrustireuden Subs^mzen erweichte Holz wurde dann gewaschen
und mit Natronlauge oder Ammoniak im verschlossenen Kessel ausge
zogen. Nach dem Auswaschen mit Wasser, Feinmahlen und endlichem
Bleichen mit Chlorkalk lieferte diese Methode einen reinen weissen Pa
pierstoff von vortrefflicher Qualität.
Später wurden von Z. Orioli*) selbst Mittheilungen über dieses
Verfahren gemacht, nach welchem die Holzscheiben 24 Stunden in Be
rührung mit Königswasser blieben, welches aus 80 Thln. Salzsäure und
20 Thln. Salpetersäure bestand. Nach dem Waschen wurde die Masse
mit einer Lauge behandelt, welche 10 p. C. des angewandten Holzes
an Natron enthielt, dann mit Wasser gewaschen und endlich mit einer
Lösung von (10 p. C. des Holzes) Chlorkalk gebleicht. Mit einem Auf-
wande von 40 p. C. Königswasser für je 100 Holzstoff sollen so 50 p. C.
des angewandten Holzes an reiner Faser erhalten worden sein.
Trotz des überaus günstigen Berichtes von Payen wurde dieses
Verfahren nach kurzer Zeit wieder aufgegeben, angeblich, weil die sich
entwickelnden Dämpfe die Gesundheit der Arbeiter beeinträchtigten und
ausserdem weil es nicht gelingen wollte, die für diese Operation nöthi-
gen grossen Gefässe aus einem Material herzustellen, welches der Ein
wirkung der Säure auf die Dauer Widerstand leisten konnte.
Ein anderes Verfahren, welches seiner Zeit grosses Aufsehen er
regte, wurde 1864 von Bachet & Machard 2 ) patentirt. Es ging das
selbe darauf hinaus, einen Theil der Holzsubstanz in Glucose resp.
Alkohol zu verwandeln und den ungelösten Rückstand auf Papierfaser
zu verarbeiten.
Nachdem Pelouze schon 1859 nachgewiesen hatte, dass Cellulose
durch Behandlung mit verdünnten Säuren in Glucose umgesetzt wird,
machten Bachet & Machard die Beobachtung, dass bei der Behand
lung von Holzsubstanz in gleicher Weise ein Theil der incrustirenden
Substanz und besonders auch die sogenannte schwammige (?) Cellulose
in Glucose übergeführt und dadurch die rückständige Holzmasse für die
weitere Verarbeitung auf Papierfaser ganz besonders geeignet gemacht
wurde.
Zu St. Tripon, Vizille bei Grenoble und Bex in der Schweiz wurde
dieser Processs längere Zeit im Grossen ausgeführt und dabei in fol
gender Weise verfahren.
In grossen hölzernen Bottichen wurden 200 Kg Holz in der Form
!) Orioli, Bull. d. 1. Soc. industr. d. Mulhouse 1869. 2 ) Bacliet und
Machard, Engl. Patent 1864. S. auch Anmerkung S. 10.