Riibenzuckerfabrikation. 189
wir hier unterlassen müssen. Es haben dadurch nicht allein manche
Erscheinungen ihre Erklärung gefunden, welche bei der Fabrikation und
den Analysen auftreten, sondern es sind auch Vorgänge aufgehellt wor
den, welche die Grundlage einiger neueren Verfahrungsweisen bilden,
die wir weiter unten zu besprechen haben. Von diesen Untersuchungen
sei im Hinblick auf die in neuerer Zeit von Margueritte J ) empfohlene
Behandlung der Fabrikproducte mit Säuren nur eine Arbeit von
A. Behr 2 ) erwähnt, durch welche die Intensität der Inversion des
Zuckers durch verschiedene unorganische und organische Säuren fest
gestellt worden ist.
Was nun die im obigen Schema aufgeführten, neben dem Zucker
sich vorfindenden anderen Bübensaftbestandtheile anbetrifft, welche
man mit dem Collectivnamen „Nichtzuckerstoffe bezeichnet, so
hat sich der Verfasser das Studium derselben besonders angelegen sein
lassen, denn die Kenntniss der Eigenschaften und des Verhaltens meh
rerer dieser Stoffe ist sowohl für die Fabrikation selbst, wie auch für
die Kritik der Untersuchungsmethoden von grossem Werthe. Derselbe
machte die Existenz des schon früher im Kübensafte vermutheten As-
paragins dadurch wahrscheinlich, dass es ihm gelang, in den Rübenme-
lassen das Zersetzungsproduct desselben, die Asparaginsäure, nachzu
weisen 3 ). Später fand derselbe auch 4 ) die nächst höhere Homologe
der Asparaginsäure, C5 Hg NO4, welche wahrscheinlich mit der gleich
zeitig von Ritthausen entdeckten Glutaminsäure identisch ist. Im
Jahre 1866 entdeckte er 5 ) im Safte der Rüben und in den Melassen
eine organische Base, das Betai'n, C5II11NO2, deren Identität mit dem
Oxyneurin er späterhin nachwies und die er auch synthetisch aus Mo
nochloressigsäure und Trimethylamin darstellte. Von einer vonlremy
im Mark der Zuckerrüben aufgefundenen, anfangs als Cellulosesäure
(Aride cellulique), dann aber als Metapectinsäure beschriebenen Säure
zeigte derselbe 6 ), dass sie identisch sei mit der im arabischen Gummi
enthaltenen Arabinsäure, Cg H10 0 5 -f- V2 H 2 0, stark drehende optische
Eigenschaften besitze und beim Behandeln mit verdünnter Schwefelsäure
einen eigenthümlichen wohl charakterisirten Zucker, Arabinose, Cg II12 Og,
liefere. Im Anschlüsse an diese Arbeiteil hat E. Reichardt 7 ) vor
Kurzem im Pflanzengewebe der Zuckerrüben noch ein zweites, dem
i) Margueritte, Sucrerie indigene VIII, 71; Zeitschrift 1873, 915; J. des
fahr. de Sucre XIY, No. 35; Zeitschrift 1874, 168 u. 424. 2 ) Behr, Zeitschrift
1874, 778. 3 ) Scheibler, Zeitschrift 1866,225. 4 ) Scheibler, Zeitschrift 1869,
Ber. d. deutsch, ehern. Ges. II, 296. 6 ) Scheibler, Zeitsohr. 1866, 229; 553;
1869, 549; 1870, 20 u. 208; Ber. d. deutsch, ehern. Ges. II, 292; III, 155.
e) Scheibler, Zeitschr. 1868, 159 u. 294; 1873, 288; Ber. d. deutsch, chem.
Ges. I, 58 u. 108; VI, 612. 7 ) Eeichardt, Ber. ehern. Ges. VIII, 807 ;
Zeitschr. 1875, 803.