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Gruppe III. Chemische Industrie.
ben. Die Entfaserung hat sich daher auch beim Pressverfahren als
äusserst nützlich, bei den Walzenpressen sogar als unbedingt nothwen-
dig gezeigt, da bei denselben sehr bedeutende Mengen Mark oder Fasern
in den Saft gelangen.
Es sind verschiedene Vorrichtungen zum Entfasern des Saftes im
Gebrauch; sie bestehen alle aus Sieben mit Einrichtungen zur mehr
oder weniger wirksamen Reinhaltung der Siebfläche; sie lassen den
Zweck aber nur unvollkommen erreichen, da die feineren Zellentrümmer
nicht zurückgehalten werden können, indem jede Siebfläche in kürzester
Zeit durch dieselben verstopft und unwirksam wird. Bei den in Frank
reich in Thätigkeit gesetzten Apparaten zur doppelten Walzenpressung
bilden die Entfaserungsapparate einen wesentlichen und hervorragenden
Theil des Ganzen. Ob nicht trotzdem manche Walzenpressen in Folge
der mitgerissenen Zellentrümmer ganz verworfen werden müssen, steht
noch dahin.
Das neue System, nach dem in Frankreich und Belgien alle neueren
und grossen Fabriken arbeiten und welches dort eine Umwälzung in
den Fabrikationsverhältnissen in ähnlicherWeise wie bei uns die Diffu
sion hervorgebracht hat, ist das System der unterirdischen Saft
leitung oder der Centralfabriken. Dasselbe rührt vonLinard her
und ist bis jetzt nur auf die Gewinnung des Saftes durch Pressen basirt.
Die erste Besprechung dieses für die genannten Länder höchst einfluss
reichen Systems finden wir im Jahre 1867 1 ). Die erste derartige Fa
brik Montcornet (Aisne-Departement) war mit einer Reiberei verbunden,
welche 8 Km von der Hauptfabrik entfernt ihren Presssaft durch ein
eisernes (unterirdisches) Rohr mittelst einer Druckpumpe nach der
Hauptfabrik schaffte. Seither hat das System in Frankreich immer
wachsenden Beifall gefunden, so dass es mit der jetzigen Ausdehnung
der in die Erde versenkten Saftröhren einen höchst eigenthümlichen
Eindruck macht; haben doch die fertigen Leitungen über 1000 Km
Länge! Zu Anfang der Campagne 1872 bis 1873 bestanden schon
81 Reibereien, d. h. Saftstationen, welche den Saft nach 34 Hauptsta
tionen lieferten, und es werden gegenwärtig noch 350 Km Saftröhren
in den Boden gelegt. Als eins der bemerkenswerthesten Beispiele die
ses Fabriksystems kann das von Cambrai angeführt werden: das Röh
rennetz dieser Fabrik besitzt 150 Km, wodurch der Saft aus 25 Reibe
reien nach der Hauptfabrik geführt wird, die Gesammtrübenverarbei-
tung soll, wenn alles im Gange ist, auf 250 Millionen Kg (5 Millionen
Centner) gebracht werden. Der Saft kommt roh, nur mit etwa 1 p. C.
Kalk gemischt in der Hauptfabrik an und wird daselbst auf Rohzucker
verarbeitet; die Reibereien sind durchweg nach demselben Muster er-
l ) J. des fabric. de Sucre VIII, No. 32; Dingl. pol. J. CLXXXVII, 141;
Zeitschr. 1868, 198 u. 265; 1870, 17, 80 u. 238 ; 1873, 191 u. 665; 1874, 849.