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Gruppe III. Chemische Industrie.
erscheinungen dennoch nicht in Uebereinstimmung mit denjenigen an
derer Pflanzen vollziehen. Denn während bei reichlicher Gegenwart
von Sauerstoff von den bisher auf ihren Gaswechsel untersuchten Pflan
zen für 1 Vol. aufgenommenen Sauerstoffs 1 Vol. Kohlensäure aus-
geathmet wurde, betrug das Volumen der ausgeathmeten Kohlensäure
beim Hefepilz wenigstens das Siebenfache vom aufgenommenen Sauer
stoff, d. h. es war trotz des Sauerstoffzutritts Gährung eingetreten.
Mit Recht darf man nach den vorstehenden Resultaten von Bre-
f e 1 d den exacteren Nachweis, als derselbe bisher geführt ist, verlangen,
dass Gährung durch den Hefepilz nur erregt wird, wenn es an Sauer
stoff fehlt und Wachsthum der Hefe jede Gährung ausschliesst.
Moritz Traube’s Untersuchungen enthalten gleichfalls einige
Argumente gegen Brefeld’s Theorie neben einigen anderen so inter
essanten Beobachtungen auf dem Gebiet der Gährungschemie, welche
übrigens nicht sämmtlich in directem Widerspruch gegen Brefeld
stehen, dass über dieselben etwas ausführlicher referirt werden muss.
Traube zieht zunächst einen Unterschied zwischen Hefe und
Hefekeimen 1 ) und giebt nach Versuchen, welche er selbst ausgeführt
hat, welche allerdings nur eine Bestätigung des bekannten Gay-Lus-
sac’sehen Versuches darstellen, zu, dass zur Entwickelung von
Hefekeimen, d. h. zur Entwickelung der Hefe dürch spontane
Gährung, Zutritt von Sauerstoff nothwendig sei; Traube
schliesst dieses daraus, dass in dem Saft von Trauben und Apfelsinen,
welcher bei völligem Sauerstoffabschluss ausgepresst war, ohne dass
jedoch Sorge getragen wurde, die Hefekeime (sit venia verbo), welche bei
ungehindertem Luftzutritt stets spontane Gährung erregten, auszu-
schliessen, niemals Gährung eintrat.
Dagegen behauptet Traube, dass zur Vermehrung
von bereits entwickelter Hefe Sauerstoff nicht unbe
dingt nothwendig sei. Es vermehrte sich z. B. Hefe, welche in
Nährflüssigkeit (Zucker und Hefeabsud) bei angeblich vollkommenem
Luftabschluss (durch Versenken unter Oel) ausgesäet wurde, um das
64fache und brachte 39'2 p. C. des ihr dargebotenen Zuckers zur Ver-
gährung.
Allerdings war die Vermehrung der Hefe ungleich grösser; das
80fache der Aussaat, als auf dem Wege der Diffusion geringe Mengen
von Luft der Gährmischung zugeführt wurden, und sie betrug das
184fache der Aussaat, als die Luft nicht abgeschlossen wurde (neben
einer Vergährung von 47’2 resp. 93'3 p. C. des Zuckers), so dass die
Nützlichkeit des Sauerstoffs für das Wachsthum der Hefe
von Traube nicht bestritten wird 2 ).
*) Brefeld in einer Erwiderung (Ber. ehern. Ges. VII, 1067) bestreitet,
dass ein Unterschied zwischen Hefe und Hefekeimen existire; Traube,
ibid. 1757 hält diese Behauptung aufrecht. 2 ) Yon Gegnern der Traube’schen