Spiritusfabrikation. 241
Worin der von vielen Seiten behauptete Einfluss des Gewitters,
welcher die Milchsäuregährung begünstigen soll, begründet ist, ist
wissenschaftlich noch nicht aufgeklärt.
Die Essigsäuregährung tritt unter Umständen bei höheren
Temperaturen in gährenden Maischen ein; da durch dieselbe Alkohol,
welcher in der Gährung bereits fertig gebildet war, zu Essigsäure ver
brannt wird, so ist diese Gährungsart als eine Verlustquelle zu be
zeichnen, welche durch Ausübung der peinlichsten Reinlichkeit ver
mieden werden muss. Erreger der Essigsäuregährung ist nach Pas teur
ein organisirtes Ferment, welches der Milchsäurehefe zum Verwechseln
ähnlich sieht. Nach Liebig soll jedoch Alkohol auch ohne Mitwir
kung des Fermentes direct zu Essigsäure oxydirt werden können.
Dass in den Verhältnissen der Praxis nicht unbeträchtliche Mengen
von Essigsäure neben Milchsäure gebildet werden, ist aus einer Unter
suchung zu ersehen, welche der Verfasser dieses Berichtes gemeinsam
mit Dr. E. Schulze ausgeführt hat 1 ).
Ein Liter Schlampe enthielt
Kartoffelschlämpe P104 g Essigsäure, 0’828 g Milchsäure.
„ P656 „ „ 1-160 „
Roggenschlämpe 0 - 375 „ „ 4’105 „ „
0-465 „ „ 4-528 „
Zu obiger Zusammenstellung mag beiläufig bemerkt werden, dass
Maischen von Roggen erfahrungsmässig sehr zur Säuerung disponiren.
DieSalpetersäuregährung endlich tritt nur in Melassemaischen,
welche zuweilen reichliche Mengen von salpetersauren Salzen enthalten,
unter Entwickelung von Stickoxyd auf. Reiset hält j edoch Ammonium -
salze, welche zu Stickoxyd oxydirt würden, für den Grund dieser Gäh-
rung. Als Mittel gegen dieselbe wird ein Zusatz von Schwefelsäure
empfohlen — ob mit Erfolg, ist dem Verfasser nicht bekannt.
Theorie des Verzuckerungsprocesses.
Wirkung der Diastase.
Um Stärke in gährungsfähigen Zucker überzuführen, benutzt man
im Brennereiprocess das Ferment der gekeimten Gerste (seltener auch
des Hafers und Roggens).
Dieses Ferment findet sich übrigens nicht allein in den gekeimten
b Journal f. Landwirtschaft 1872, 299.
Wiener Weltausstellimq-. III. I. 2
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