Spiritusfabrikation.
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Durch den Referenten zum Theil gemeinsam mit E. S c h u 1 z e x ) zum
Theil selbstständig 2 ) unternommene Untersuchungen wurde das Verhält-
niss von 1 Zucker : 1 Dextrin in zahlreichen verzuckerten Maischen der
Praxis wiedergefunden, so dass Referent sich für berechtigt gehalten
hat 3 ), die normale Wirkung der Diastase auf Stärkemehl
dahin zu definiren, dass auf ein Aequivalent Zucker
stets ein Aequivalent Dextrin entsteht, dass aber eine
vollständige Ueberführung von Stärke in Zucker durch
Diastase nicht möglich ist.
So standen die Sachen, als durch O’Sullivan 4 ) zuerst veröffent
licht und sodann durch E. Schulze 5 ) bestätigt wurde, dass der bei
der Einwirkung von Diastase auf Stärke entstehende Zucker nicht
Traubenzucker (Dextrose), CgH^Oe, sondern eine Zuckerart von wesent
lich abweichenden Eigenschaften, Maltose, sei.
Die Maltose reducirt die Fehling’sche Lösung in geringerem
Verhältniss wie die D e x t r o s e (100 Maltose = 6 6 bis 6 7 Thle. Dextrose),
dreht die Polarisationsebene viel stärker nach rechts, als die Dextrose
(a — 149’5 bis 150'6) und besitzt nach Sullivan und Schulze die
Zusammensetzung C12 H 22 Oh ~h H 2 0. Hierdurch wäre die ganze Glei
chung der Umsetzung von Stärke durch Diastase, welche bisher:
n io Ui
Dextrin
2 Stärke Zucker
lautete, in Frage gestellt.
Einigen Anhalt über die Constitution der Maltose kann man aus
einer Untersuchung von Dubrunfaut®) gewinnen, welcher nachge
wiesen hat, dass, während Diastase ohne Einfluss auf die Maltose ist,
verdünnte Schwefelsäure dieselbe beim Kochen unter Wasseraufnahme
in Dextrose verwandelt. In der Maltose muss daher eine Gruppe
(wahrscheinlich C 6 H 10 O5) enthalten sein, welche durch Schwefelsäure
invertirt wird. Bei der Einwirkung von Schwefelsäure auf Stärkekleister
soll sich nach Dubrunfaut gleichfalls vorübergehend Maltose bilden.
Wenn man Maltose durch Fehling’sche Lösung oxydirt, so bleibt eine
Gruppe unoxydirt, welche durch Erhitzen mit Schwefelsäure zu einem
Körper von dem Reductionsvermögen der Dextrose wird (Märcker).
Alle diese Angaben lassen es als möglich erscheinen, dass Maltose durch
Lagerung von reducirenden Gruppen, C 6 H 12 0 6 , an nicht redu-
*) Schulze, Journal f. Landwirthschaft 1872, 209. 2 ) Zeitschrift des
Vereins f. Spiritusindustrie 1870 u. 1874. 8 ) Berichte der naturforschen
den Gesellschaft zu Halle 1873. 4 ) Sullivan, Moniteur scientifique Ques-
neville, März 1874. ß ) Schulze, Ber. ehern. Ges. VII, 1047, 1874.
6 ) Dubrunfaut, Anu. chim. phys. XXI, 278.
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