Organische Säuren. 411
zendes Alkali, als zu oxydirende Substanz Sagemehl angewendet werde x ).
Diese Bildung von Oxalsäure durch Schmelzen von Sägespänen, Baum
wolle, Zucker, Stärke, Gummi, Weinsäure und anderen organischen Säu
ren mit Kaliumhydrat war schon 1829 von Gay-Lnssac entdeckt wor
den. In grossem Maassstabe ward die Reaction zuerst von den HH.
Roberts, Dale & Co. im Jahre 1857 ausgeführt.
Heute wird ausschliesslich nach dieser Methode verfahren. Man hat
versucht das Aetzkali durch Aetznatron zu ersetzen, aber schon früh
hat Hr. Possoz 2 ) gezeigt, dass diese Substitution nur zum Theil zu
träglich ist. Das Verhältniss von Kaliumhydrat zu Natrimnhydrat,
welches günstige Resultate liefern soll, wird sehr verschieden ange
geben. In der Fabrik von Roberts, Dale & Co. in Wam'ngton
wurde, wie Hr. Fleck berichtet 3 ), ein Gemenge von l l / 2 Gewichts-
thln. KHO und 1 Gewichtsthl. Na HO angewendet; nach einer An
gabe von Hrn. Chandelon 4 ) wird 1 Molecul KHO auf 2 Molecul
HO (ungefähr 1 Gewichtsthl. KHO auf 1(4 Gewichtsthle. NaHO)
genommen. In der Kunheim’schen Fabrik zu Berlin war ein Ge
menge von gleichen Moleculen KHO und NaHO gebräuchlich. Spä
ter hat man, wenigstens in Deutschland, es vortheilhafter gefunden,
zur Schmelze mit reinem Kaliumhydrat allein zurückzukehren. So
wird jetzt in der Kunheim’schen Fabrik, welche jährlich etwa
4000 Ctr. Oxalsäure und 600 bis 800 Ctr. Kleesalz darstellt, ver
fahren 5 ).
Vor Kurzem hat Hr. William Thorn 6 ) eine im Laboratorium
des Stuttgarter Polytechnikums ausgeführte sehr eingehende Unter
suchung über die Gewinnung von Oxalsäure aus Sägespänen, aus Kleie
und aus Lignose veröffentlicht, deren wichtige Thatsachen hier einen
Platz finden mögen.
Hr. Thorn hat die Gesammtmenge der Sägespäne in eisernen
Gefässen in siedende, 30 bis 42° B. starke Lauge eingetragen und dann
über freiem Feuer unter beständigem Umrühren erhitzt. Bei Anwen
dung einer concentrirten, 42° B. starken Lauge wird dieselbe von dem
Holz aufgesaugt und das lästige Umherschleudern der Masse dadurch
verhindert. Die Schmelze wurde nicht nur mit wechselnden Mengen
der Alkalien, sondern auch in verschieden dicken Schichten ausgeführt,
da Hr. Thorn beobachtet hatte, dass die Ausbeute an Säure auch von
dem Erhitzen in dickerer oder dünnerer (1 bis 1(4 cm hoher) Schicht
abhängig sei.
J ) A. W. Hofmann, in „Reports of the Juries“, London 1862, S. 109.
) Possoz, Wagn. Jahresber. 1858, 119. s ) Fleck, Wagn. Jahresber. 1862,
4 ) Cliandelon, Ebendas. 1864, 492. 6 ) Für diese, sowie für einige
weitere Notizen ist der Berichterstatter Hrn. Dr. H. Kunheim zu bestem
Danke verpflichtet. 6 ) Thorn, Dingl. pol. J. CCX, 24; Polyt. Centralbl.
1873 > 1427; Wagn. Jahresber. 1873, 428; Monit. scientif. 1874, 99.