Organische Säuren.
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Anhang: Naphtoesäure.
ln der eben erwähnten Anwendung der Benzoesäure in der Anilin
farbenindustrie vermag dieselbe mit Vortheil durch die Naphtoesäure
ersetzt zu werden. Diese Säure steht in demselben Verhältnis zum
Naphtalin, wie die Benzoesäure zum Benzol; sie ist das Monocarboxyl-
substitutionsproduct des Naphtalins, also C 10 H 7 .COOH. Eine Säure
dieser Zusammensetzung erhielt zuerst Hr. A. W. Hofmann 1 ) aus
dem oxalsauren Naphtylamin. Wenn dieses Salz destillirt wird, so
findet sich im Destillat reichlich Naphtylformamid , C 10 H 7 . CO. NH 2 .
Dies verliert beim Behandeln mit concentrirter Salzsäure Wasser und
das resultirendeNitril, C 10 H 7 .CN, kann durch Kochen mit Alkalien in
Naphtoesäure übergeführt werden.
In einer anderen Weise, die fabrikmässig ausgeführt worden kann,
haben später die H.Hm. Merz und Mühlhäuser 2 ) die beiden Modi-
ficationen des Cyannaphtalins und daraus die beiden Naphtoesäuren
(n - llnd ß') dargestellt. Wenn man 2 Gew.-Thle. naphtalinsulfosaures
Kalium (oder Natrium) innig mit 1 Gew.-Thl. Cyankalium mischt und
das Gemisch der trocknen Destillation unterwirft, so bekommt man im
Destillat rohes Cyannaphtalin, während Kaliumsulfit im Rückstand
bleibt:
C 10 H 7 .SO 3 K 4- KCN= C 10 H 7 .CN -f K 2 S0 3 .
Die Darstellung der Naphtalinsulfosäure, welche in der Fabrik von
Kunheim & Co. in Berlin schon seit längerer Zeit für andere Zwecke
im Grossen dargestellt wird, bietet keine Schwierigkeit. Es wird
Naphtalin mit gleich viel concentrirter Schwefelsäure im Dampfbade
unter häufigem Umrühren auf 100° erhitzt; nach einigen Stunden wird
noch intactes Naphtalin durch Wasser abgeschieden, freie Schwefelsäure
aus der Lösung durch Kalkmilch entfernt, und mit Soda das Natrium
salz der Säure dargestellt.
Die H.Hrn. MerzundMühlhäuser rathen, nicht zu grosse Quan
titäten des Salzgemisches auf einmal zu destilliren, oder im Inneren
der Destillirgefässe Rührvorrichtungen anzuhringen, um eine möglichst
gleichförmige. Erwärmung zu erzielen.
Das rohe Cyannaphtalin wird einer neuen Destillation unter
worfen. Der grössere Theil siedet bei 300°. Die ersten stark naphta
linhaltigen Partien erstarren rasch. Es folgt dann als Hauptproduct
flüssig bleibendes Cyanür, welches eine strohgelbe Farbe und lebhaft
0 Hofmann, Berl. akad. Ber. 1866, 684; Liebig’s Ann. d. Chem. CSLII,
127. 2 ) Merz u. Mühlhäuser, Ber. chem. Ges. 1870, 709; Dingl. pol. J.
CXCVIII, 239; Wagn. Jahresber. 1870, 256.
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