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Volltext: Chemische Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 21

Organische Säuren. 
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Salicylsäure. 
Wenn in der Phenylgruppe der Benzoesäure ein Wasserstoffatom 
durch die Hydroxylgruppe (0 H) substituirt wird, so entsteht Oxybenzoe- 
säure, C 6 H 4 (OH).CO.OH. Den heutigen Ansehauungen über die 
Constitution der aromatischen Körper gemäss sind von dieser Ver 
bindung, da sie ein zweifach substituirtes Benzol darstellt, drei isomere 
Modificationen möglich. Dieselben sind in der That alle drei be 
kannt. Eine von ihnen, die Orthooxyben zoesäure, d. h. eine Oxyben- 
zoesäure, in welcher die Hydroxyl- und die Cai'boxylgruppe zwei be 
nachbarte Wasserstoffplätze des Benzolmolecüls einnehmen, ist die 
Salicylsäure. 
Die engen Beziehungen, in welchen diese Säure einerseits zum 
Indigo, andererseits zum Phenol steht, haben viele Chemiker veranlasst, 
sich eingehend mit ihrem Studium zu beschäftigen. Die letztere Be 
ziehung hat ihr in jüngster Zeit durch die werthvollen Untersuchun 
gen des Hrn. H. Kolbe eine bedeutende technische Wichtigkeit ver 
liehen. 
Die Salicylsäure ist im Jahre 1838 vonPiria 1 ) und von Ettling' 2 ) 
entdeckt worden. Diese Chemiker erhielten sie durch Oxydation des 
Salicylaldehyds, der, unter dem Namen „salicylige Säure“ bekannt, in 
den Spiräaarten vorkommt und aus einigen Glueosiden zu erhalten 
ist. Die H.Hrn. Löwig und Weidmann 3 ) wiesen 1840 das Vor 
kommen auch der Salicylsäure selbst in den Blüthen von Spiraea ul- 
maria nach, und Hr. Cahours 4 ) zeigte 1844, dass das Wintergreenöl, 
das ätherische Oel der Gaultheria proctmbens, grösstentheils aus dem 
Methyläther der Salicylsäure bestehe. Später, 1852, bereitete Hr. 
Gerland 5 ) die Säure, indem er salpetrige Säure in eine wässerige 
Lösung von Anthranilsäure leitete: 
2 C 7 H 5 (NH 2 )0 2 + N 3 0 3 = 2C 7 H-,(0H)0 3 + N 4 + H 2 0. 
Diese Reaction verknüpft die Salicylsäure mit dem Indigo, denn die 
Anthranilsäure ist ein Oxydationsproduct des letzteren: 
C s H,NO + 2 0 + H 2 0 = C 7 H 7 N0 2 + C0 2 . 
Sie ist ferner insofern von Interesse, als Hr. Kolbe durch sie veran 
lasst wurde, in Hinblick auf die leichte Zersetzbarkeit der Salicylsäure 
») Piria, Ann. chim. phys. LXIX, 298; Liebig’s Ann. Chem. XXX, 165; 
XCIII, 262. 2 ) Ettling, Ann. Cüem. Pharm. LIII, 77. 8 ) Löwig und 
Weidmann, J. pr. Chem. XIX, 236. 4 ) Cahours, Ann. chim. phys. [3], 
X, 327; XIII, 90 und 113; XXVII, 5; Ann. Chem. Pharm. XLVIII, 61. 
«) Gerland, Chem. Soc. Quart. Journ. V, 133; Ann. Chem. Pharm. 
LXXXVI, U3.
	        
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