Organische Säuren. 463
Das ursprünglich von Scheele herrührende, später von Bracon-
not 1 ) verbesserte Verfahren bestand darin, gestossene Galläpfel unter
wiederholter Befeuchtung mit Wasser in einem offenen Gefäss sechs
Wochen lang bei einer Temperatur von 20 bis 28° sich selbst zu
überlassen, sodann die Masse mit Wasser auszukochen und die Lösung
krystallisiren zu lassen.
Wittstein 2 ) erhielt nach demselben Princip aus chinesischen Gall
äpfeln 50 p. C. Gallussäure.
Steer*) erhielt so aus 100 Pfd. türkischer Galläpfel 24 Pfd. Gallus
säure. NachLiebig 4 ) lässt sich die Gallussäure schneller durch Kochen
der Galläpfelgerbsäure oder des Galläpfelauszugs mit Natronlauge
oder verdünnter Schwefelsäure darstellen.
Die Gallussäure, welcher die schätzbaren Eigenschaften des Tan
nins abgehen, dient hauptsächlich zur Bereitung der Pyrogallussäure.
Die Pyrogallussäure, deren Verhältniss zur Gallussäure zuerst von
Pelouze richtig erkannt wurde, entsteht beim Erhitzen der Gallussäure
auf 200° unter Abspaltung von Kohlensäure nach der Gleichung
C7 He 0 5 = C0 2 + C 6 H 6 0 3 .
Sie kann auch aus dem rohen Galläpfelextract direct durch
Destillation gewonnen werden. So wird nach Stenhouse 5 ) der ge
trocknete und gepulverte Galläpfelextract in einem eisernen mit einem
Papierhut bedeckten Topf trocken destillirt; er gewann so etwa 10 p. C.
Pyrogallussäure. H. Grüneberg 6 ) erhielt auf dieselbe Weise aus dem
Extract der chinesischen Galläpfel 4 p. C. Pyrogallussäure.
Liebig 7 ) gab folgendes Verfahren zur Darstellung der Pyrogallus
säure: Gallussäure, bei 100° getrocknet, wird in einer tuhulirten Be
törte unter gleichzeitigem Durchleiten eines Kohlensäurestromes im
Oelbad auf 210 bis 220° erhitzt; die Ausbeute beträgt 30 bis 32 p. G.
der angewandten Gallussäure.
In neuerer Zeit haben V. de Luynes und G. Esperandieu 8 ) ein
zur Bereitung im Grossen geeignetes Verfahren beschrieben, welches
nahezu theoretische Ausbeute liefert. Gallussäure wird in einem
Pap in’sehen Digestor aus Bronze mit dem 2 bis 3fachen Gewicht
Wasser Stunde auf 200 bis 210° erhitzt. Nach dem Erkalten wird
die Lösung mit Thierkohle gekocht, filtrirt und eingedampft der Kry-
stallisation überlassen. Die Pyrogallussäure wird dann durch Destilla
tion ganz weiss erhalten.
*) Braconnot, Ann. chim. phys. IX, 181. 2 ) Wittstein, Viertel-
jahrsschr. prakt. Pharm. II, 72. 3 ) Steer, Wien. Akad. Ber. XXII, 249.
4 ) Büchner, Ann. Chem. LIII, 180; vergl. Horsley, Dingt, pol. J. CXLVI,
435. 5) Stenhouse, Ann. Chem. XLV, 1. 6 ) Grüneberg, J. pr.
Chem. LX, 479. 7 ) Liebig, Ann. Chem. CI, 47. 8 ) de Luynes und
Esperandieu, Compt. x-end. LXI, 487; Ann. Chem. CXXXVIII, 60.