In dem gegenwärtigen Jahre 1875 feiert die Stearinkerze ihr
fünfzigjähriges Jubiläum. Ihr erstes unsicheres Eintreten in die In
dustrie bezeichnen die Patente, welche Gay-Lussac und Chevreul 1 )
einerseits, Cambaceres 2 ) andererseits im Jahre 1825 erhielten: „Da
noch Niemand die aus der Seife geschiedenen fetten Körper zur Er
leuchtung angewandt hat, so nehmen wir ein Patent auf diese Anwen
dung, wir gedenken sie theils allein, theils mit einander gemischt, oder
zugleich mit nicht verseiften Körpern, wie Wachs und Wallrath, anzu
wenden. Die aus der Seife geschiedenen flüssigen Körper sollen in
Seifen umgewandelt werden.“
Die wissenschaftlichen Arbeiten Chevreul’s, so umfangreich, ab
gerundet und bewunderungswürdig in ihren Resultaten und Folge
rungen sie auch genannt werden müssen, schlossen doch die Methode
noch nicht ein, durch welche der industrielle Gedanke zur selbststän
digen Industrie heranreifen konnte. Erst sechs Jahre später streifte
ein Mann, dessen Name seitdem mit den Fortschritten der Stearin
industrie eng verknüpft geblieben ist, dem Yerseifungsprocess die
Fehler ab, welche ihm in Folge seines Hervorgehens aus Laborato
riumsversuchen anhingen: Ad. de Milly ersetzte 1831 3 ) Chevreul’s
Zerlegung der Fette mit Alkalien durch die Kalkverseifung. Er schuf
damit die Stearinindustrie, befähigte sie aus den Fortschritten des
*) Gay-Lussac u. Chevreul, Brevet’s d’invention XLI, 392; auch hei
Malepeyre, Handb. der Fabrikation der Stearinkerzen, Quedlinburg u.
Leipzig 1853, 109. 2 ) Cambaceres, Das. XLI, 396; 10. Febr. 1825. s ) So
nach L. Smith (Rapports du jury intern. Paris 1868, VT, 176). Gegen diese
Angabe spricht, dass der Bericht über die Pariser Ausstellung von 1834
(St. Flachat, l’industrie etc. Paris 1834, 120) nur die Abscheidung der
Stearinsäure aus der Kaliseife kennt und Milly oder die Bougies de l’^toile
nicht erwähnt. Nach Hermann (Die Industrieausst. zu Paris 1839, Nürn
berg 1840, 265) hatte Milly bereits 1827 Stearinkerzen ausgestellt, nach den
Rapports du jury central, Paris 1844, II, 810, erhielt er 1839 die goldene
Medaille.