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Gruppe III. Chemische Industrie.
den sein, dass der Gedanke, das Glycerin aus den Rückständen des
W eines, der zur Branntweinfabrikation der Destillation unterworfen
wurde, zu isoliren 1 ), technische Bedeutung gewinnt.
Krystallisirtes Glycerin ist im vergangenen Winter an verschiede
nen Orten beobachtet und haben A. Henninger 2 ), Armstrong
und Andere darüber berichtet. Nach Henninger erfolgt die Krystal-
lisation beim Einlegen von Krystallen sehr langsam, so dass bei einigen
hundert Gramm Stunden erforderlich sind. Das ist ganz richtig, aber bei
einigen hundert Centnern sind auch nur einige Tage zur Krystallisation
erforderlich, falls die geeigneten Bedingungen vorhanden sind. In
Sarg’s Fabrik in Liesing bei Wien wurden im Winter 1871 500 Cent-
ner Glycerin durch Krystallisation gereinigt.
Henninger giebt den Schmelzpunkt der Glycerinkrystalle zu 17
bis 18°, Armstrong zu lö'ö 0 , Darmstädter zu 10° an. Ausser der
oben, S. 507, wiedergegebenen Angabe von Nitsche, nämlich 22°,
liegt dann noch eine Bestimmung von K. Sarg aus dem Jahre 1867
vor, die 20° ergab. Ich kann diese Angaben noch durch zwei andere
vermehren. Im Februar 1871 zeigten mir Glycerinkrystalle, die mit
einer durch Dampfkraft bewegten Centrifuge abgeschleudert waren und
deren Analyse 39 05 p. C. C, 8'80 H (Rechn. 39'13; 8'70) ergaben,
22 bis 22'6° Schmelzpunkt. Dagegen schmolzen mit der Handcentri-
fuge im Sommer abgeschleuderte Krystalle bei 18 bis 19°. Diese Be
stimmungen können allerdings zu hoch ausgefallen sein, da eine Aus
gleichung der Wärme durch Strömung in dem sehr dickflüssigen
halbgeschmolzenen Glycerin nur sehr langsam erfolgt. Berücksichtigt
man indess, dass Glycerin ein sehr hygroskopischer Körper ist, dass sehr
kleine Mengen Wasser sehr viel Glycerin lösen, und endlich, dass Gly
cerin, indem es schmilzt oder sich auflöst, sehr viel Wärme absorbirt,
so erhellt, dass eine wahre Kältemischung entstehen muss, indem die
wasserhaltige Schicht, welche die an der Luft abgeschleuderten oder
gar nur abgepressten Krystalle bekleidet, lösend auf das darunter lie
gende feste Glycerin einwirkt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich,
dass sämmtliche Angaben der Schmelzpunkt des Glycerins zu niedrig
angeben.
Erst nach Abfassung dieses Berichtes, zu einer Zeit, als das Manu-
script nicht mehr in meinen Händen war, sind mir von Freundeshand
Nachrichten und Erläuterungen zugegangen, die auch als Nachtrag
wohl noch das Interesse der Leser beanspruchen dürfen.
’) Liebig, Ann. Chem. Pharm. CLIII, 43. ä ) A. Henninger, Bull,
soc. chim. [2], XXIII, 434.