Pflanzenfaser.
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Es wird mit Bestimmtheit versichert, dass die bei der Aufberei
tung von Jute, Sunn und anderen ähnlichen ostasiatischen Pflanzen
fasern üblichen Methoden für die Böhmeria nicht anwendbar sind und
dass nur rein mechanische Mittel sich in diesem Falle zur Geltung
bringen lassen.
Von diesem Gesichtspunkt ausgehend hatte die indische Regierung
bereits Anfangs 1870 zwei ansehnliche Preise von 5000 Pf. St. und
2000 Pf. St. ausgeschrieben für die Erfindung von Maschinen , welche
die Abscheidung der Bastfaser in befriedigender Weise verrichten.
Nachdem der Termin für ein weiteres Jahr verlängert, wurden 1872
32 Maschinen angemeldet, von welchen jedoch nur eine (von J. Greig
in Edinburg) erschien, als die Prüfungsversuche in Saharunpore statt
finden sollten. Die Leistung dieser Maschine war jedoch nicht befrie
digend und ist somit die gestellte Preisaufgabe ungelöst geblieben J ).
Erst in neuerer Zeit scheint man der Lösung dieses schwierigen
Problems etwas näher gerückt zu sein und es wurde kürzlich in der
„New York Times“ mitgetheilt, dass man in Amerika nach vielen ver
geblichen Versuchen endlich eine Maschine construirt habe, welche die
Aufbereitung der grünen Stengel in sehr befriedigender Weise aus
führe. Mit zwanzig Pferdekräften arbeitend soll dieselbe täglich circa
1000 Kg Faser erzeugen. Durch dieses Resultat sei nun der Erfolg
der Ramiepflanzungen in Louisiana gesichert, um so mehr, da der Er
trag dort ein sehr günstiger ist, indem ein Acre Land bei dreimaligem
Einsammeln der Stengel 600 bis 1000 Kg Faser im Jahre liefern soll.
Ebenso hat H. Grothe 2 ) über eine Maschine berichtet, welche
für den gleichen Zweck construirt wurde. Diese arbeitet in der Weise,
dass die durch vorhergehende Behandlung mit Sodalösung erweichten
Stengel einzeln in die Maschine eingeführt und hier durch geeignete
Vorrichtungen zuerst die Oberhaut und Parenchymschicht und darauf
folgend in einem anderen Theil der Maschine die Bastschicht für sich
vom Holzkern abgelöst wird.
Um nun die in den letzten Jahren in der Construction solcher
Maschinen gemachten Fortschritte zu erproben, beabsichtigt man in
der nächsten Zeit eine Ausstellung resp. Prüfung und zwar dieses Mal in
England zu veranstalten. Die indische Regierung wird für diesen
Zweck das nöthige Rohmaterial, grüne Stengel aus Frankreich und
Algier und trockne Stengel aus Indien, liefern ; doch liegt es nicht in
der Absicht, bei dieser Gelegenheit Preise auszusetzen.
Die Rinde der Böhmeriastengel ist wie die aller ähnlichen Pflanzen
*) In Anbetracht der bedeutenden Unkosten, welche dem Bewerber ver
ursacht wurden, leistete die Regierung eine Entschädigung von 1500 Pfd.
Sterl. Report on the Preparation and Use of Rheea fibre by J. Porbes
Watson. London 1875. 2 ) Grothe, Dingl. pol. J. CCXIY, 282.