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Volltext: Chemische Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 21

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Gruppe III. Chemische Industrie. 
weil es vor dieser Zeit häufig an den nöthigen Arbeitskräften fehlt, 
anderentheils aber um die Ausbeute an Faser möglichst zu steigern. 
In der Regel bildet die Jutepflanze einfache schlanke und aufrecht 
stehende mit Blättern besetzte Stengel, welche nur an den Gipfeln eine 
geringe Verästelung zeigen. Die nahe an der Wurzel abgehauenen von 
den Blättern und Fruchtkapseln befreieten Stengel werden gewöhnlich 
im frischen Zustande, zuweilen auch nachdem sie einige Zeit an der Luft 
gelegen, in lose Bündel gebunden und durch Auflegen von Erdklumpen 
beschwert, in stehendes oder nur sehr langsam fliessendes Wasser ein 
gesenkt. In 5 bis 6 Tagen oder nach Umständen in 8 bis 10 Tagen ist 
der Röstprocess beendigt und die Rinde erweicht und leicht ablösbar 
geworden. Die Bündel werden nun von dem im Wasser stehenden Ar 
beiter geöffnet nnd die Rinde vom inneren holzigen Kern der Stengel 
abgestreift. Durch heftiges Hin-und Herbewegen im Wasser werden die 
äusseren Rindenschichten und unnützen Anhängsel abgelöst und hin 
weggeschwemmt und so die eigentliche Bastschicht in reinem Zustand 
erhalten. Durch Schwingen in der Luft von der Hauptmenge des Was 
sers befreit wird endlich die so erhaltene Faser, auf dem Boden aus 
gebreitet oder an der Luft aufgehängt, vollends getrocknet. 
Durch diese einfache Behandlungsweise ist der Jutebast nicht allein 
vollständig abgeschieden, sondern es ist durch diese Wasserröste Alles 
bis auf die Bastfaserbündel entfernt, welche nun eine mehr oder weni 
ger feine, lose, zusammenhängende, faserige Masse bilden und so ohne 
weitere Zubereitung die Jute des Handels liefern. Es verdient angeführt 
zu werden, dass nur bei der Zubereitung der für den Exporthandel be 
stimmten Jute der Röstprocess bis zu einem so hohen Grad der Zer 
faserung des Bastgewebes getrieben wird, um die Faser möglichst fein 
faserig, rein und von heller Farbe zu erhalten und ihr das herkömmliche 
Ansehen zu geben. Die Eingeborenen wissen aber recht wohl, dass 
dieses auf Kosten der Festigkeit der Faser geschieht und für den eige 
nen Gebrauch rieten sie daher die Stengel viel weniger. Sie geben 
dem so erhaltenen unansehnlichen und dunkler gefärbten Product seiner 
grösseren Festigkeit halber mit Recht den Vorzug. 
Diese Erfahrung in Zusammenhang mit der schon oben gemachten 
Bemerkung über die Abhängigkeit der Qualität der Jutefaser von dem 
Entwickelungsgrad der Pflanze machen die ausserordentliche Verschie 
denheit erklärlich, welche die zahlreichen Jutesorten zeigen; es treten 
hier offenbar dieselben Schwierigkeiten auf wie sie bei der Flachs- und 
Hanfbereitung nur allzubekannt sind >). 
*) Es ist wohl mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass die in der 
Elachsbereitung gemachten Verbesserungen sich principiell auch bei der Jute 
verwenden lassen werden, doch dürfte die Einführung derselben in Indien in 
der grossen Abneigung gegen alle Neuerungen der Eingeborenen ein unüber 
windliches Hinderniss finden.
	        
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