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Gruppe III. Chemische Industrie.
Leider machte man aber bald die unangenehme Erfahrung, dass
die so hergestellte Phormiumfaser von sehr viel geringerer Qualität als
die von den Maoris bereitete ist und in Folge dessen fiel der Handels
werth dieses Artikels so beträchtlich, dass die Fabrikation desselben an
vielen Orten aufhörte überhaupt rentabel zu sein.
Der Hauptgrund, warum die durch Maschinen abgeschiedene Faser
so viel schlechter ist, wurde bereits oben angeführt; auch ist es nicht
wahrscheinlich, dass es je gelingen wird, durch Maschinenarbeit die voll
kommen ausgebildeten Faserbündel von den schwächeren unentwickelten
zu trennen.
Die Regierung von Neuseeland hat dieser so viel versprechenden
Industrie grosse Aufmerksamkeit gewidmet und in Folge der ungünsti
gen Resultate eine Commission ernannt, welche den Sachverhalt in ein
gehender Weise untersuchte und zahlreiche Versuche anstellen Hess 1 ).
Es hat sich herausgestellt, dass für die Abscheidung dieser Faser
nur mechanische Mittel angewendet werden können. Alle Versuche,
dieselbe durch chemische Mittel zu erzielen, haben zu ungünstigen Resul
taten geführt und ist daher weder die Kaltwasserröste noch Behandlung
mit verdünnten alkalischen Laugen zulässig. Aus den hierüber ge
machten Mittheilungen lässt sich schliessen, dass dieses seinen Grund
darin hat, dass die in sehr geringer Menge auftretende Intercellular
substanz, durch welche die Bastzellen zusammengehalten werden, beson
ders leicht angegriffen wird, und dann das Zellengewebe seinen Zusam
menhang verliert. Da nun in allen Fällen, in welchen bis jetzt die
Phormiumfaser benutzt wird, die noch unversehrten fadenförmigen Faser
bündel zur Anwendung kommen, so ist leicht erklärlich, dass bei der
Zubereitung derselben alles vermieden werden muss, was den Zellen
verband derselben beeinträchtigen könnte. In Uebereinstimmung mit
diesem Verhalten hat man auch die Beobachtung gemacht, dass die Phor
miumfaser der zeitweisen Einwirkung des Wassers und besonders des
Seewassers schlecht widersteht. Es lässt sich zwar durch Einfetten
eine grössere Dauerhaftigkeit erzielen, allein nichtsdestoweniger hat
man in der englischen Kriegsmarine den Gebrauch der Phormiumfaser
für Schiffstaue untersagt.
Die besseren Qualitäten dieser Faser stehen übrigens an absoluter
Festigkeit dem Manilahanf kaum nach und bleibt dieselbe daher für
viele Zwecke immer noch eines der werthvollsten Materialien.
Aus den Abfällen lässt sich ein vortreffliches Papier herstellen.
Die Phormiumblätter enthalten eine eigenthümliche Substanz,
ij Die Arbeiten dieser Commission sind in einem ausführlichen Bericht
veröffentlicht worden: „Phormium Tenax as a fibrous plant, being a selec-
tion from the reports of the Commission appointed by the New Zealand
Government.“ Edited by J. Hector. Wellington 1870—1872,