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Gruppe III. Chemische Industrie.
Obgleich nun in der Folge das Suchen nach neuen Materialien
keineswegs aufgegeben wurde und einzelne Materialien, wie z. B. bei
der Yerarbeitung von Stroh, wirklich zur Anwendung kamen, so wurde
doch eigentlich erst mit der allgemeineren Verbreitung der Maschinen
papierfabrikation und den dadurch herbeigeführten Aufschwung der
Papierindustrie überhaupt die Nothwendigkeit wirklich dringend, neue
Quellen für Papierstoffe zu erschliessen.
Gegen Mitte dieses Jahrhunderts nahm der Verbrauch von Papier
so gewaltig zu, dass trotz der sich immer mehr ausdehnenden und
wohlorganisirten sorgfältigeren Einsammlung der Hadern, welche durch
die gleichzeitige rasche Entwickelung der Verkehrsmittel noch wesent
lich gefördert wurde, schon längst eine bedenkliche Beschränkung in
der Papierproduction eingetreten wäre, hätte man sich auf die Dauer
mit diesem Rohmaterial allein behelfen müssen.
Es ist einleuchtend, dass diejenigen Pflanzenfasern, welche sich
als Spinnfaser benutzen lassen, unter allen Umständen auch für die
Papierfabrikation die geeignetsten Materialien abgeben müssen ; aber
so lange eine Ueberproduction solcher Fasern nicht stattfindet, wird
sich zunächst immer die Textilindustrie derselben bemächtigen und
eine directe Verwendung derselben in der Papierfabrikation des hohen
Preises halber nur in seltenen Fällen statthaft sein. So werthvoll da
her auch die Einführung neuer, in diese Classe gehöriger Fasern für
die Industrie im Allgemeinen sein muss, so kann dieselbe doch
nur indirect der Papierfabrikation zu Gute kommen; denn erst, wenn
diese Fasern in der Form von Hadernstoffen oder Abfällen auftreten,
werden sie der letzteren zugänglich.
Demnach stellte sich die Papierfabrikation die Aufgabe, solche
Materialien aufzufinden und verwendbar zu machen, deren Faser, ob
wohl als solche in der Textilindustrie nicht verwendbar, dennoch die
jenigen Eigenschaften besitzt, welche die Benutzung als Papierfaser
zulässig macht.
Während nun die Verwendung der Pflanzenfaser als Spinnmate
rial voraussetzt, dass sie neben einem hohen Grad von Geschmeidigkeit
und Zähigkeit vor Allem auch eine gewisse Länge besitzt, welche die
mechanischen Operationen des Spinnens undWebens ermöglicht, treten
diese Erfordernisse bei der Papierfaser in viel geringerem Grade auf
und ist es ja bekanntlich eine der Hauptoperationen in der Papierfabri
kation, die Fasern durch die Wirkung des Holländers möglichst voll
ständig zu zertheilen und auf eine nur wenige Millimeter betragende
möglichst gleichmässige Länge zu reduciren, welche ermöglicht, dass
dieselben in Wasser aufgeschwemmt eine leicht bewegliche Flüssigkeit
bilden und beim Abziehen des Wassers, sich in einander verwirrend
oder verfilzend, so das Papier liefern.
Obgleich nun solche Fasern, welche dem Papierstoff entsprechende