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Gruppe III. Chemische Industrie.
Vevhältniss der Frage zur Gesetzgebung.
Wenn der Fabrikant seine Säure in lohnender Weise condensirt
hat, so liegt ihm noch ferner die Verpflichtung ob, den Anforderungen,
welche Regierung und Umwohner an ihn stellen, gerecht zu werden.
In England besteht seit 1863 ein Gesetz, nach welchem mindestens
95 p. C. der bei der Zersetzung des in den Betrieb eingeführten Koch
salzes erzeugten Salzsäure condensirt werden müssen. Es war nicht
leicht, eine einfache Methode zu finden, um zu constatiren, dass diesen
Anforderungen Genüge geleistet werde. Anfangs schienen die sich
bietenden Schwierigkeiten fast unüberwindlich, doch gelaugte man
endlich durch grosse Sorgfalt und unaufhörliche Uebung zu zuverläs
sigen Resultaten. Man bestimmt zu diesem Ende den Salzsäuregehalt
eines Cnbikfusses des in den Condensator eintretenden Gases, dann aber
die Salzsäuremenge, welche sich in demselben Volum des aus dem Con
densator entweichenden Gases befindet und berechnet danach den
V olumprocentgehalt.
Wenn alles Gas die Coudensatoren passirte, so müsste diese Methode
sehr genaue Resultate liefern, allein es treten Verhältnisse ein, unter
denen das Verfahren weit entfernt ist, sichere Anhaltspunkte zu ge
währen. Es würde schwer sein, alle diese Umstände hier aufzuzählen;
eine Hauptfehlerquelle aber liegt in Undichtigkeiten des Zersetzungs
apparates, wodurch Salzsäure in die Feuerungscanäle gelangt. In einem
solchen Falle bleibt nichts übrig, als das Gesammtvolum zu messen.
Man fährt daher am besten, wenn man, um alle diese Unsicherheiten
zu vermeiden, direct an den Schornstein herantritt, in welchem alle
Gase aufsteigen sollen, wenn man feststellt, dass sie in der That diesen
Weg nehmen und alsdann nach Ermittelung des Salzsäuregehaltes in
einem Cubikfuss Gas das Gesammtvolum der aufsteigenden Gase misst.
Das Instrument, dessen man sich zu diesen Messungen bedient,
wurde von Peclet erfunden, kam einige Zeit ausser Gebrauch, um von
Alfred E. Fletcher wieder erfunden zu werden. Man misst dabei die
Druckdifferenz, welche die entwickelten Gase vor und nach der Conden-
sation zeiget vermittelst zweier mit Aether gefüllter V-Röhren. Die eine
dieser Röhren steht direct mit dem Schornstein in Verbindung und zeigt
die Grösse des verminderten Druckes dort an, die andere ist der Wir
kung der entwickelten Gase ausgesetzt und giebt an, in welcher Weise
diese den Druck vermehren. Die Druckdifferenz in beiden V-Röhren ist -
nichtsehr gross und muss mit besonderer Sorgfalt bestimmt werden; es
hat sich heransgestellt, dass die Geschwindigkeit der Gase gleich
V P- 28-55 ist, wo p die Höhe der Aethersäule in Zollen ausdrückt.
Eine hierzu entworfene Tabelle ist im fünften Bericht des „Inspedor of
Alkali Works“ im Jahre 1869 erschienen.