aber er hat die Eignung dazu, denn er wurde immer als ein ganz genau
bestimmtes Vielfaches der Münzeinheit ausgebracht. Daraus folgt eine
weitere Eigenthümlichkeit. Die Münze ist in Rom wie heute ein Kron-
recht des Herrschers; folglich auch die Prägung des in ganz gleicher Weise
behandelten Medaillons. So ergibt sich ein unserer heutigen Anschauung
gerade entgegengesetztes Verhältniss; heute steht die Medaille zur Münze
in gar keiner Beziehung und darf nur mit besonderer Erlaubnis des
Staates in einem Nominale der geltenden Münze ausgeprägt werden: es
ist dies z. B. der Fall mit den sogenannten Schützenthalern, die zugleich
Geld- und Schaustücke sind. Die Medaille auf Private und auf berühmte
Persönlichkeiten fehlt daher im römischen Reiche gänzlichl7) nur das Bild
des Kaisers, der Augusta, des Mitregenten oder des Cäsars erscheint auf
den Medaillons, wie auf den Münzen. Einzig der Gott kann die Stelle
des Kaisers vertreten und auch dies geschieht höchst selten, wie auf den
Stücken, welche das Bild des vergötterten Lieblings Kaiser Hadrians,
Antinoos zeigen. Es gilt dies auch für die Städte des griechischen Ostens,
welche bis zum Ende des 3. Jahrhunderts ihr locales Geld und Schau-
gepräge haben.
Die Masse der römischen Medaillen beginnt erst mit der Zeit Hadrians
und der Antonine, in der die antike Kunst noch einmal zur Blüthe ge-
langte. ln diese merkwürdige Periode voll antiquarischer, sentimentaler und
mystischer Neigungen, die der unseren oft merkwürdig lihnlich ist, fallen
Compositionen voll feinen Raum- und Stilgefühles, wie das Bad der Diana
oder Mercur mit dem Widder auf Medaillons des Antoninus Pius, mytho-
logische Genrescenen, über welchen der ganze Reiz des hellenistischen
Reliefs liegt, von dem sie herstammen.
Neben der historischen Darstellung fehlt ein anderes wichtiges Stoff-
gebiet nicht, die Allegorie, deren die Medaille niemals entrathen konnte.
Auch hier bestätigt sich der Satz, dass das ähnliche Milieu ähnliche Er-
scheinungen hervorruft. Die Villa Hadrians zu Tivoli mit ihren Nachbil-
dungen berühmter Oertlichkeiten und der_ englische Landschaftspark mit
seinen romantischen Ruinen sind nur formell verschiedene Aeußerungen
der gleichen Stimmung, und wenn auf einem Medaillen des M. Aurel
dieser als Hercules auf einer Quadriga von Centauren, welche die Jahres-
zeiten symbolisiren, einherfährt, so ist das derselbe Geist, wie in den
Schöpfungen des neuen Barocco, das gleichfalls den ganzen Olymp,
"') Die sog. Contorniaten, große Stücke mit etwas vertieften: Rande und flachem
Relief, zumeist dem 4. Jahrhundert n. Chr. angehorig, zeigen allerdings Büsten berühmter
Mlnner (Alexander d. Gr., römische Kaiser der früheren Zeit, Homer, Vergil, Sallust,
Pythagoras, die Wundermanner Apollonios von Tyana und Apulejus). Sie stehen mit
den öffentlichen Schaustellungen in einem noch nicht ganz aufgeklärten Zusammenhang,
sind allem Anschein nach privater Herkunft und stellen insofern eine nicht zu über-
lebende episodiache Vorstufe der modernen Medaille vor. Vergl. über sie Robert, M6-
dailles contorniatea. Revue belge de numismatique, vol. XXXVlll.