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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1894 / 3)

 
aber er hat die Eignung dazu, denn er wurde immer als ein ganz genau 
bestimmtes Vielfaches der Münzeinheit ausgebracht. Daraus folgt eine 
weitere Eigenthümlichkeit. Die Münze ist in Rom wie heute ein Kron- 
recht des Herrschers; folglich auch die Prägung des in ganz gleicher Weise 
behandelten Medaillons. So ergibt sich ein unserer heutigen Anschauung 
gerade entgegengesetztes Verhältniss; heute steht die Medaille zur Münze 
in gar keiner Beziehung und darf nur mit besonderer Erlaubnis des 
Staates in einem Nominale der geltenden Münze ausgeprägt werden: es 
ist dies z. B. der Fall mit den sogenannten Schützenthalern, die zugleich 
Geld- und Schaustücke sind. Die Medaille auf Private und auf berühmte 
Persönlichkeiten fehlt daher im römischen Reiche gänzlichl7) nur das Bild 
des Kaisers, der Augusta, des Mitregenten oder des Cäsars erscheint auf 
den Medaillons, wie auf den Münzen. Einzig der Gott kann die Stelle 
des Kaisers vertreten und auch dies geschieht höchst selten, wie auf den 
Stücken, welche das Bild des vergötterten Lieblings Kaiser Hadrians, 
Antinoos zeigen. Es gilt dies auch für die Städte des griechischen Ostens, 
welche bis zum Ende des 3. Jahrhunderts ihr locales Geld und Schau- 
gepräge haben. 
Die Masse der römischen Medaillen beginnt erst mit der Zeit Hadrians 
und der Antonine, in der die antike Kunst noch einmal zur Blüthe ge- 
langte. ln diese merkwürdige Periode voll antiquarischer, sentimentaler und 
mystischer Neigungen, die der unseren oft merkwürdig lihnlich ist, fallen 
Compositionen voll feinen Raum- und Stilgefühles, wie das Bad der Diana 
oder Mercur mit dem Widder auf Medaillons des Antoninus Pius, mytho- 
logische Genrescenen, über welchen der ganze Reiz des hellenistischen 
Reliefs liegt, von dem sie herstammen. 
Neben der historischen Darstellung fehlt ein anderes wichtiges Stoff- 
gebiet nicht, die Allegorie, deren die Medaille niemals entrathen konnte. 
Auch hier bestätigt sich der Satz, dass das ähnliche Milieu ähnliche Er- 
scheinungen hervorruft. Die Villa Hadrians zu Tivoli mit ihren Nachbil- 
dungen berühmter Oertlichkeiten und der_ englische Landschaftspark mit 
seinen romantischen Ruinen sind nur formell verschiedene Aeußerungen 
der gleichen Stimmung, und wenn auf einem Medaillen des M. Aurel 
dieser als Hercules auf einer Quadriga von Centauren, welche die Jahres- 
zeiten symbolisiren, einherfährt, so ist das derselbe Geist, wie in den 
Schöpfungen des neuen Barocco, das gleichfalls den ganzen Olymp, 
"') Die sog. Contorniaten, große Stücke mit etwas vertieften: Rande und flachem 
Relief, zumeist dem 4. Jahrhundert n. Chr. angehorig, zeigen allerdings Büsten berühmter 
Mlnner (Alexander d. Gr., römische Kaiser der früheren Zeit, Homer, Vergil, Sallust, 
Pythagoras, die Wundermanner Apollonios von Tyana und Apulejus). Sie stehen mit 
den öffentlichen Schaustellungen in einem noch nicht ganz aufgeklärten Zusammenhang, 
sind allem Anschein nach privater Herkunft und stellen insofern eine nicht zu über- 
lebende episodiache Vorstufe der modernen Medaille vor. Vergl. über sie Robert, M6- 
dailles contorniatea. Revue belge de numismatique, vol. XXXVlll.
	        
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