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josef Hoffmann
ARCHITEKTONISCHES AUS
DER ÖSTERREICHISCHEN
RIVIERA
Lage und Lebensgewohnheiten bestimmen die
Bauweise der Menschen auch dort, wo kaum
eines vielgewandten Architekten Hand iemals
beim Erbauen mit im Spiele war.
Jene architektonischen Scenerien, die der
Besucher der österreichischen Riviera in den
so überaus malerischen Orten findet, sind
frei von übercivilisiertem Kunstverständnisse
und doch in ihrer ursprünglichen Natürlichkeit
von so großem Reiz, daß es wohl der Mühe
wert ist, sich mit diesen Kindern naiver, volks-
thümlicher Kunst ein wenig zu befassen.
zu aäuuausvlißllißis
Qäl 1
Daß in nachfolgender Beschreibung nicht die
modernen Villen von Abbazia gemeint sind,
brauche ich nicht zu erwähnen, denn diese
sind leider fast durchwegs (eine lobenswerte
Ausnahme bilden dortselbst die Bestrebungen
des Architekten Karl Seidl) von einer une
glaublichen Geschmacklosigkeit, welche theil-
Weise durch die bahnhofartigen Hotelbauten
und die Curanlagen der Südbahn bceinflußt,
theilweise aber auch durch den Mangel an
tüchtigen Kräften bedingt ist.
Van muß auch bekennen, daß dies umso
bedauerlicher ist, als gerade in einer durch die
Natur so sehr bevorzugten Gegend, die so
reich an baulichen Traditionen wäre, sich
leicht, zumal hier wie in den meisten Bädern,
die pccuniären Verhältnisse keine ungünstigen
sind, viele Gute und Schöne hätte machen
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die um Abbazia liegenden Orte bergen
eine Fülle der interessantesten Häusermr
welche nicht nur von den dort gerne weile
Malern, sondern auch von Architekten
mentlich solchen, die sich mit Villenb:
abgeben, aufgesucht werden sollten.
Der Zeit nach gehören die meisten t
malerischen Gebäude in die letzten 200 _
und charakterisieren sich vor allem durc
Wahl vieler freier Motive, wie Loggien,
treppen, Arcaden u. s. f., was durch die Lcl
weise der dortigen Menschen, die gern
Schatten und doch im Freien sich aufh;
begründet ist.
Ein fast immer originelles Bild bietet der
min, der stets in der Außenmauer angele
und oft erkerartig hervortritt.
Außer Säulen, welche aber meist von frül
Bauten herrühren, Endet man beinahe
einzig ausgesprochene Architekturform,
Gesimse, Pilaste u. dgl.
Die Fenster sind einfach mit glatten E
umrahmungen eingcfaßt und nur hie ur
von einem simsartigcn Glied bekrönt.
Unterhalb ihnen ragen zumeist weit auslac
Consolen aus der Mauer hervor, die zur
nahme eines Brettes oder einer Wäschesi
bestimmt sind. Das Dach ist sehr flach,
ausladend und mit Coppis gedeckt. Dii
putzten Mauerflächen sind ohne jeg
Decorierung.
Der große Reiz der dicht neben-, an-
übereinander gebauten Häuser liegt in
großen Mannigfaltigkeit der Motive, wi
man aus den beigedruckten Beispielen si
ßen kann.
Bemerkenswert ist auch, daß durch da:
nützen jeglicher Zufälligkeit und jeder au
Nothwendigkeit entspringenden Form
Schablone vollständig ausgeschlossen ist.
Findet beinahe keine zwei Häuser von gle
Anlage und gleicher äußerer Gestaltung.
Hätte der Istrianer mehr Vorliebe für
lichkeit und stünde nicht jeder dieser B:
beinahe vor dem Verfall, man könnte
kein angenehmeres Wohnen denken als
Letzterer Umstand, die Unreinlichkeit
Zerrissenheit, ist allerdings von unge
malerischem Reiz; jedoch würde dieser
bei geordneter ähnlicher Anlage nicht
lorcn gehen, wenn, da ia eine Benüi
ähnlicher Motive mehr oder weniger nu
Villen und Landhäuser gedacht sein l
natürliche Baumgruppen und weinumr:
Perguli das Bild angenehm unterbrechen
beleben würden.
Diese Erläuterungen und Bilder seien
allem den Villenerbauern in südlicheren
genden warm ans Herz gelegt, doch n"
dieselben auch sonst befruchtend unc
regend wirken!
1 Jüißf HOITHIIIHH, Skine 711 Clhtl" viui, XJUÜGKlIK riii (i!
i-i-iriiiiiiii- uiviiiii „Der A i, wii-ii 1895
2 JOSCr Hiiiriiiiiiii. iiiig iiii i NIUUV JLIS 1
(im „])Cl' Aii-li wii-ii vs . 37)
3 Jßstf Hriiiiiiiiiiii, iiiig IHL CHI fVlUiiV JHX '
(RHS "ni-i Air-iiiii-kw, wiiiii ixss. s. 37)