DIE MIETSWOHNUNG
AMERIKANISCHE
MASCHINENMÖBEL
Niemals dringen wir tiefer in
den Geift der vergangenen For=
men ein, als wenn wir das eigene
Leben und deffen Erfordemiffe
befragen. Das Leben mit feinen
fachlichen Forderungen ift die ge=
meinfameWurzebdieAltundNeu
verwandtfcbaftlicb verbindet
NÄHTISCHCHEN UND
SCHREIBTISCHSTUHL
Laden für Löffel, Kücbenbeftecke und fcbließlicb auch ein Fad)
für die notwendige Kücbenwäfcbe. Vom Kücbentifd) wird ver
langt, daß er eine entfprecbend große Platte aus hartem,
fcbeuerbarem, ungeftrichenem Holze trägt. Je nach den perfön-
licben Bedürfniffen werden diefe Küchenanordnungen entweder
fehr groß und umfangreich fein müffen, die Vorräte an Nahrungs
mitteln und Gefchirren in verfchiedenen, nach diefen Gefichts-
punkten zweckmäßig konftruierten Schränken aufbewahrt wer
den, oder aber es wird bei kleinerem Bedarf nebft dem Tifch
ein Schrank genügen, ja es gibt amerikanifche Küchenmöbel,
raffiniert konftruiert, die alles in einem enthalten, Tifch, Gefchirr-
fchrank und Nahrungsmittelfchrank. In den Mietswohnungen
find die Küchen übel daran, weil fie klein befchaffen find, wie
alle Nutjräume, eine böcbft verkehrte Einrichtung, die das Leben
in folcben Wohnungen unerträglich macht. Dazu kommt die
Unfitte, daß in der Regel das fchönfte und befte Zimmer in den
befcbränkten Mietswohnungen für die bloße Repräfentation vor-
gefehen wird. Man will einen Salon haben, das Überflüffigfte
der Welt. Man wohnt darin nicht, man benützt ihn nicht, man
zeigt ihn nur, wenn Befuch kommt. Die künftlerifche Reform
der lebten Jahre hat diefen Raum feiner Heiligkeit entkleidet
und der verdienten Lächerlichkeit anheimgegeben. Seither hat
fich der Salon wieder in das natürliche Wohnzimmer oder in
das Arbeitszimmer, das Herrenzimmer, Bibliothekszimmer und
Rauchzimmer gewöhnlich in einem ift, verwandelt, und die be=
fchränkte Wohnung ift wieder bis in den lebten Winkel mit
Leben ausgefüllt. Die neuen Forderungen von Hygiene und
Zweckmäßigkeit haben einen neuen Schönheitstypus für das
Mobiliar und für die Wohnräume ausgebildet und die Selbft-
verftändlichkeit aufs neue erhärtet, daß man als Schlafzimmer
das befte und gefündefte Zimmer wählt, entgegen der ziemlich
volkstümlichen Meinung, daß dafür das fchlechtefte Zimmer ge
nüge, weil ein Fremder nicht hineinfieht. □
In dem Wohnzimmer wird man nach den örtlichen Verhält-
niffen entweder eine harmonifch verteilte Anzahl von Glas-
fchränken oder Vitrinen finden, die die Sammelgegenftände oder
Kunftwerte, wenn folche vorhanden find, enthalten. Oder man
wird Schränke finden für Bücher und Mappen in ebenmäßigen,
übereinftimmenden Größen- oder Höhenverbältniffen, oder man
wird beides finden oder nichts davon, je nach der perfönlichen
Art und den Verhältniffen des Inwohners. Sicher wird man
ein Sofa finden, einen paffenden Tifch und Stühle, vielleicht
einen Teetifch und ein Arbeitstifchchen am Fenfter. Vielleicht
auch Blumentifche, wahrfcheinlich ein Klavier, und es kann alles
fehr reizend fein, wenn die Formen einfach und gut find, wie
im vorigen entwickelt. Nur in bezug auf das Klavier find wir
noch fehr fchlecht daran. □
Schließlich ift zu bedenken, daß neben dem Wohnzimmer oder
dem Mufikzimmer ein Arbeitszimmer des Herrn vorzufehen ift,
wenn der Bedarf vorhanden ift. Hier ftehen Bücherfchränke
aus hohen und niederen Teilen im Nebeneinander und Über
einander aufgebaut, an den Wänden fortgefetjt, nicht zu hoch,
um in die oberften Fächer noch bequem greifen zu können, mit
Glastüren und einfacher Sproffenteilung darin, vielleicht auch
die vorhin erwähnten Vitrinen, falls der Hausherr Sammler
und Kunftliebhaber ift, Schränke für Mappen und Kunftblätter,
Rauchrequifitenfchrank und Likörfchrank, Lederfauteuils und
fchließlich das impofantefte Stück des Herrenzimmers, der Schreib-
tifch. »Wollen Sie einen Schreibtifch mit oder ohne Auffatj,
einen geraden oder einen halbkreisförmigen?« würde der Händ
ler fragen. »Nußbolz oder Eichenholz, gebeizt oder poliert,
lackiertes Weichbolz oder Mahagoni?« Zu erwidern ift, daß ein
guter Schreibtifch zunäcbft gar nicht davon abbängt, ob er gerade
oder halbkreisförmig gebaut, gebeizt oder poliert ift. Viel
wichtiger zu wiffen ift, welche Anfprüche die Art der Arbeit,
die am Schreibtifch verrichtet wird, an die Benützbarkeit ftellt.
Der Schreibtifch einer Dame, die gelegentlich ein Billett, der
Schreibtifch eines Kaufmannes, der Rechnungen fchreibt, und der
Schreibtifch eines Schriftftellers find von Natur aus wefentlicb
verfchieden. Was alfo zunäcbft entfcbeidet, ift die perfönlicbe
Beziehung des Schreibenden zum Schreibtifch, nicht allein in bezug
auf alles, was der Schreibtifch aufzunebmen bat an Scbriftftücken,
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