WER NUR DEN LIEBEN
GOTT LASST WALTEN
UND HOFFET AUF IHN
ALLE ZEIT DEN WIRD
ER WUNDERBAR ERHAL
TEN IHN ALLER NOT
UND TRAURIGKEIT
der Bucbftaben. Ebenfo gehört hierher das Studium der rhyth-
mifchen Druckgebung beim Schreiben, dann das Hnpaffen der
aus der Zeit der gefchnittenen Vogelkielfeder überkommenen
Bucbftabenformen an die nunmehr allgemein gebräucblidNte
Stahlfeder, fowie die Husnü^ung all diefer Momente für die
anzubahnende Neugeftaltung des Unterrichtes. □
FUs dritten Punkt der Reform denke ich mir die Betätigung
des Schülers in ornamentaler Schrift, diefer eigentlichen Grund
lage allen Schreibens. Ich meine natürlich nicht das in den
»Schön-fchreibftunden übliche Huffcbwingen zur Rundfchrift oder
dergleichen, fondern ich empfehle das Schreiben von ornamen
talen Bucbftaben ohne Benützung irgendwelcher Vorlage, alfo
aus dem Gedächtniffe, in einem Zuge und in der einfacbften,
diefen Bucbftaben charakterifierenden Form.*)
Wie ich nämlich in meinem Effay »Über Leferlächkeit von orna
mentalen Schriften« des näheren ausgefübrt habe, befit^t jeder
Menfcb, der eine Elementarfcbulbildung genoffen bat, eine be-
ftimmte Vorftellung von den 2i Bucbftaben des FUpbabets einer
ornamentalen Schrift und ift ftets in der Lage, diefe Vorftellung
ins Grapbifcbe umzufetjen, ohne fich dabei irgend einer Vorlage
zu bedienen. Es bedarf nur des flnftoßes, um ihm die Vor
ftellung zu entlocken, z. B. bei H von zwei Pfählen und einem
Mittelbalken, bei 0 die eines Kreifes, bei I die eines einfachen
Pfahles, bei E die eines Pfahles und dreier Balken, bei L die
eines Pfahles und eines unteren Balkens, bei T die eines folcben
und eines aufgelegten Balkens, bei A von zwei aneinander
gelehnten Stäben mit der wagerecbten Verbindung, bei N die
von fcbrägverbundenen zwei Pfählen ufw. Bei S wird jeder
diefer oder ein ganz ähnliches Zeichen, bei K ein folches und bei
*) Zur Beleuchtung diefer Möglichkeiten feien die beigegebenen Schrift
proben gezeigt, welche auf die eben befprocbcne Weife in Wiener Bürger-
fcbulklaffen erzielt wurden. In diefen Schulen nach meiner Methode
noch weiter vorzugehen, war bei dem derzeit geltenden Lehrpläne
unmöglich, da er die Betätigung in ornamentaler Schrift lediglich auf
das »Befchreiben« von Zeichnungen befchränkt. □
W ein folches Zeichen machen ufw. Von einer Schwierigkeit
der Ausführung kann nicht die Rede fein, denn daß diefe Charak
tere weitaus einfacher find, als die der gewöhnlichen Schreib-
fchrift, erhellt auf den erften Blick. □
lind wie heilfam wären diefe Übungen! Sie könnten in den
Schulen nicht früh genug gemacht werden, ja ich ftehe nicht an
zu erklären, daß ich dringendft wünfche, fie als allererfte Schrift
übung, alfo vor den komplizierten und fchwerer merkbaren
Bucbftaben der gewöhnlichen Schreibfcbrift in den Elementar-
fcbulen eingefübrt zu feben. □
Das Üben folcber Bucbftaben, und zwar in rbytbmifcb einheitlich
gefchloffenen Scbriftfeldern, würde namentlich auf die möglicbfte
Vereinfachung und Klarheit der individuellen Handfcbrift bin-
zielen und möglicherweife eine beilfame Umbildung unterer ge
wöhnlichen Scbreibfcbriftcbaraktere anbahnen helfen. □
Was nun die letjteren Schreibarten anbelangt, fo möchte ich
auch hier einen energifchen Schritt weiter machen und empfehlen,
im Elementarfcbreibunterricbte mit der »Lateinfcbrift« zu be
ginnen und ihr erft in fpäteren Klaffen, alfo erft dann die
»Kurrentfchrift« folgen zu laffen, wenn die erftgenannte Schrift
art dem Schüler in Fleifch und Blut übergegangen ift. □
Doch das ift Zukunftsmufik! Vorerft wären metbodifche Er
fahrungen in der angedeuteten Richtung zu fammeln und zu
ficbten, wozu die Lehrer zu verhelfen hätten. Unfere Lehrer
müßten ein wenig innebalten im Feftbalten an »bewährten«
Methoden, fie müßten auch auf dem Schriftgebiet wieder einmal
fcbwere, das ift felbftändige Arbeit verrichten. Ich kenne die
großen Schwierigkeiten, die fich folcbem Beginnen entgegen
türmen. Sie liegen nicht allein bei den Lehrern und bei den
Schülern. — Doch heißt es auch hier mutig vorwärts fcbreiten.
Bei der ornamentalen Schrift ergeben fich in diefer Beziehung
gleichfalls große Hemmniffe und Schwierigkeiten, die aber leichter
überwunden werden dürften, als es fich da meift um lehrende
Künftler bandelt, die - an und für fich an felbftändiges Vorgeben
gewöhnt — in Zweifelsfällen vielfach bloß ihr künftlerifcbes Gefühl
entfcbeiden zu laffen brauchen. Und daß Schrift - und nament
lich ornamentale Schrift — in Wefenbeit Empfindungsfacbe ift, und
hier mit Regeln und Konftruktionen meift Schaden angerichtet
wurde, ift eine alte Erfahrung. □
Von fehr guter Wirkung waren auf diefem Gebiete die in den
letzten Jahren in Salzburg, Villach und Düffeldorf veranftalteten
Lebrerkurfe, welche für das Studium der Methodik der orna
mentalen Schrift abgebalten wurden und zu welchen jene Lehrer,
welche in Schulen kunftgewerblicber Richtung »Schrift« zu lehren
batten, dienftlicb einberufen waren. □
Ähnliches wäre im Intereffe des allgemeinen Schreibunterrichtes
wärmftens zu empfehlen. In diefen Kurfen könnte dann gelehrt
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