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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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„Was gibt's denn?" antwortet Wojtek. — „Wir kehren um." — „Ja, warum denn?" - 
„Wir fahren nicht weiter, denn ein Weib ist uns über'n Weg gelaufen, da hätten wir also 
heute kein Glück." Gut, der Wojtek hat den Schlitten gewendet und sie find leer nach Hause 
gekommen. Am anderen Tage hat der Bauer den Wojtek noch früher aufgeweckt, der Wojtek 
hat die Pferde gefüttert, den Schlitten hergerichtet und nun geht es wieder in den Wald. 
Schon waren sie nahe am Waldeseingang, da läuft ihnen ein Hase über den Weg. Der 
Bauer ruft sofort den Wojtek an: „Sieh'st Du's! Besser ist's, wir kehren um, denn wenn 
ein Hase Einem über'n Weg läuft, so bedeutet das ein sicheres Unglück." — „Gestern ein 
Weib" — sagt der Wojtek — „heute ein Hase, werden wir immer so viel Zeit vergeuden?" 
— „Was geht's Dich an" — versetzte der Bauer — „wenn ich Dir's schaffe, so kehr'st Du 
um. Es ist besser, vorsichtig sein, als in irgend einen Unfall hineinkommen." — „Wenn 
Ihr Euch etwa auf mich ausreden solltet, daß Ihr in's Unglück gekommen seid, so will ich 
schon lieber umkehren." So kamen sie denn abermals leer nach Hause zurück. Am dritten 
Tage, das Holz fing schon an, gar zu werden, mußte man durchaus in den Wald fahren. 
Der Wojtek fütterte die Pferde und sie fuhren beide wieder hinaus. Sie fahren schon in den 
Wald hinein, da kommt ein Wolf über ihren Weg gelaufen. Der Wojtek sagt zum Bauer- 
„Hört, Bauer, mir scheint, das ist ein wirkliches Unglück; ich habe schon lange davon gehört, 
daß, wenn man diesem Vieh begegnet, das ein wirkliches Unglück bedeutet. Ich rathe Euch 
umzukehren und nach Hause zu fahren." — „Wenn ich Dir aber sage, das bedeutet Glück", 
sagt der Bauer, „so ist's Glück, fahr' zu und damit Punktum." Sie kamen in den Wald, der 
Knecht gab den Pferden Heu und ging dann mit seinem Herrn tiefer hinein, um den Baum 
zu fällen. Die Pferde aber blieben allein zurück. Als sie fertig waren, sagt der Bauer zum 
Wojtek: „Geh' doch hin, Wojtek, und schau nach, ob die Pferde sich nicht verwickelt haben." 
Der Wojtek geht hin und schaut und da liegen nun beide Pferde umgeworfen auf der Erde, 
das eine sogar am Rücken, die Beine in der Luft und der Wolf frißt geschäftig an seinem 
Rumpf. Wojtek eilt so schnell als möglich zum Bauer und ruft: „Bauer, Bauer! gebt mir 
das Beil und kommt nur schnell, denn das „Glück" ist in die Wamme eines der Pferde 
hineingekrochen und frißt!" Der Bauer Packt das eine Beil, der Knecht Packt das andere 
und läuft voraus, stürzt sich auf den Wolf und erschlägt ihn im Inneren des Pferdes. 
„Nun, Bauer, Ihr habt gesagt, das ist Glück, jetzt habt Jhr's also!" Das zweite Pferd war 
ganz verwickelt und wäre sicher erstickt, wenn Wojtek die Stränge nicht durchschnitten hätte. 
Sie schleppten sich spät Abends nach Hause und sogar das „Glück" hatten sie mit auf 
den Schlitten geladen. 
Was die Chronisten uns von der heidnischen Mythologie der Polen überliefern, 
beschrankt sich fast nur auf einige Namen, welche indessen die wissenschaftliche Kritik in 
Zweifel zieht. Hingegen weiß die mündliche Volks-Überlieferung von vielen mythischen
	        
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