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Turopolje.
Unter den einstigen Stammesgemeinden Croatiens ist die wichtigste die von
Turopolje, in der sich die Erinnerung an ihre alten Gemeindeeinrichtungen bis auf den
heutigen Tag erhalten hat. Der Name Turopolje stammt aus dem altslovenischen Wort
„Tur", der befruchtende Stier, der Sonnengott. In schriftlichen Aufzeichnungen
wird die vorher „Campus Zagrabiensis" genannte Ebene zum erstenmale in der Mitte
des XIV. Jahrhunderts als „Campus Turovo" angeführt. Die Adelsgemeinde von
Turopolje, deren Gebiet sich Agram gegenüber am rechten Saveufer von den Vukomericer
Hügeln bis Plese, und von der Odra bis Lekenik ausbreitet, zählt jetzt 31 Ortschaften
mit 22 Gerichten.
In alten Zeiten unterschied man nach der Lage „0ampu8", ebenes Feld, und
„Lloirtos", Hügel, da sich Turopolje über seine jetzigen Grenzen, über Odra hinaus bis
Cehi ausbreitete.
Den Mittelpunkt von Turopolje bildet der Marktflecken Velika Gorica; er ist der
Sitz der Turopoljer Adelsgemeinde und ihres großen Archives.
Eine gute Straße, die von Agram nach Sissek und Petrinja führt und Turopolje
der Länge nach durchschneidet, berührt auch Velika Gorica; sie wurde 1787 erbaut. Auch
die Agram-Brod-Essek-Semliner Bahnlinie führt durch Turopolje.
Das Schloß der Gemeinde, beim Dorfe Dolnji Lukavec, führt nach diesem den
Namen Lukavec. Über seinem Eingangsthore prangt das in Stein gehauene Turopoljer
Wappen. Einst befand sich über dem Thore auch die Schloßkapelle zur heiligen Lucie, an
deren Festtag immer die Restauration des Gemeindemagistrats stattfand. Die Gemeinde
übt das Patronatsrecht über zwei Pfarren aus, und zwar über die der heiligen Maria in
Velika Gorica und die der heiligen Katharina in Dubranci. Das Oberhaupt der
Adelsgemcinde ist von jeher der „Zupan", von 1687—1848 Mitglied des ungarischen
Landtages, jetzt Virilist des croatischen Landtages, der regelmäßig aus dem Landtag in
den ungarischen Reichstag gewählt wird.
Die übrigen Mitglieder des Turopoljer Magistrats waren zwölf Beisitzer,
der Fiscus, der Castellan und die Lugari (Forsthüter). Das Wappen und Siegel
erhielt die Gemeinde 1737 von Carl III. und bedient sich beider noch immer. Vor
Ende des XVIII. Jahrhundertes errichtete sie sich eine adelige Garde von 300 Mann
unter dem Commando eines Hauptmannes. Diese Kriegerschar bildete im Verein
mit den Angehörigen der Gemeinde Draganid im Kriege ein einheitliches Ganzes,
Sie bekam im Franzosenkriege 1813 von Franz II. den Ehrentitel „Jllyrische
Legion".