VII
Der Bundesratli bestellt aus den Vertretern der Mitglieder
des Bundes, welche zusammen 58 Stimmen führen (darunter
Preussen 17, Bayern 6, die anderen Königreiche je 4 u. s. w.),
der Reichstag aus 382 Mitgliedern (auf je 100,000 Einwohner
de 1867: 1), welche aus allgemeinen und directen Wahlen mit
geheimer Abstimmung hervorgehen, als solche keinerlei Be
soldung oder Entschädigung beziehen und auf drei Jahre ge
wählt sind. Die übereinstimmenden Mehrheitsbeschlüsse beider
Körperschaften sind Bundesgesetz, gegen welches dem Kaiser
kein suspensives Veto zusteht, Doch giebt bei Gesetzes Vor
schlägen über das Militairwesen, die Kriegsmarine, die Zölle
und Verbrauchsabgaben, falls im Bundesrathe eine Meinungs
verschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den
Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung der be
stehenden Einrichtungen ausspricht.
Ausser diesen eben genannten Angelegenheiten umfasst
die Gesetzgebung des Reiches wesentlich das wirtschaftliche
Leben des Volkes nach der Richtung des Handels, Gewerbe
betriebes und Verkehrs und des damit zusammenhängenden
Rechtes, während die übrigen Zweige des öconomischen und
namentlich die des geistigen Lebens (Agrarwesen, Unterrichts
und Kirchenangelegenheiten) der Particulargesetzgebung der
Einzelstaaten überlassen sind.
Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung seiner Ge
schäfte, die Contrasignatur aller Anordnungen und Verfügun
gen des Bundespräsidiums und die Führung der laufenden
Verwaltung im Reiche sind Sache des Reichskanzlers,
welcher vom Kaiser ernannt wird und sich des Reichs
kanzleramtes und des Auswärtigen Amtes als seiner
Organe bedient. Handelt es sich um die zur Ausführung der
Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvor-
schriften und Einrichtungen, so ’steht die Beschlussfassung
dem Bundesrathe zu, welcher für diesen Zweck, sowie für
seine legislatorischen Arbeiten und für die Untersuchung und
Beseitigung von Mängeln, die bei der Ausführung der Bundes
gesetze hervortreten, aus seiner Mitte dauerndeAusschüsse
bildet. Gegenwärtig bestehen deren elf, von denen die 1. für
das Landheer und die Festungen, 2. für das Seewesen, 3. für
Zoll- und Steuerwesen, 4. für Handel und Verkehr, 5. für
Eisenbahnen, Post und Telegraphen, 6. für Justizwesen, 7. für
Rechnungswesen auf einer ausdrücklichen Bestimmung der
Reichsverfassungsurkunde vom 16. Api’il 1871 beruhen.
Die Staatsform der einzelnen Bundesstaaten
ist mit Ausnahme der drei freien und Hansestädte Lübeck,