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Volltext: Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches - Wiener Weltausstellung

142 Gruppe IV. 
es daher nicht Wunder nehmen, dass diese Fabriken mit dem 
»Sturze des Continentalsystems eben so rasch wieder verschwan- 
den, als sie entstanden waren. Napoleon I., vom Hasse gegen die 
Engländer getrieben, beschützte und förderte die junge Industrie in 
jeder nur möglichen Weise, so wies er 1 Million Franken und 32,000 
Hectaren Land für den Anbau von Rüben an und errichtete fünf 
Fachschulen für den theoretischen und practischen Unterricht in der 
Rübenzuckerfabrieation. Die Engländer dagegen boten Alles auf, 
um die neue Industrie niederzuhalten. Nach dem Sturze Napoleon I. 
ruhte nie Rübenzuckerfabrieation in Deutschland, sie wurde jedoch in 
Frankreich selbst beibehalten und durch Einführung wesentlicher Ver 
besserungen, so namentlich durch Benutzung des Dampfes für den 
Fabrikbetrieb und der gekörnten Knochenkohle für die Reinigung 
der Säfte etc. ausgebildet. Erst in den Jahren 1830 bis 1835 sehen 
wir sie wieder auf deutschem Boden, um ihn nun nicht wieder zu 
verlassen, sich vielmehr an der Hand der Naturwissenschaften kräftig 
zu gestalten und auszubreiten. Sie hat seitdem den Colonialzucker 
von dem deutschen Gebiete vollständig verdrängt, wenn auch zu 
nächst unter der Gunst eines nicht unbedeutenden Schutzzolles, dem 
sie erst allmählich entwachsen ist. Seit dem Jahre 1840 finden 
wir sie mit einer Steuer von J / 4 Sgr. pro Ctr. verarbeiteter Rüben 
belegt, und weit entfernt, durch diese Steuerbelastung gedrückt wor 
den zu sein, sehen wir sie von da ab in steter und intensiver Ent 
wickelung begriffen, trotzdem diese Steuer seitdem die 32fache Höhe 
angenommen hat, und bis auf 8 Sgr. pro Ctr. Rüben gestiegen 
ist. Unter dem Einfluss dieser allmählich gesteigerten Steuer und 
unter dem Wetteifer und der Concurrenz der verschiedenen Rüben- 
bau treibenden Staaten Europas ist die Technik dieser Industrie 
dauernd in lebhaftem Fortschreiten geblieben. Ausser der bereits 
erwähnten Einführung des Dampfbetriebes und der Benutzung der 
gekörnten und datier der Wiederbelebung fähigen Knochenkohle hat 
die Zmckerlabrication im Laufe dieser Zeit verschiedene epoche 
machende Verbesserungen und Umwälzungen erfahren, von welchen' 
die wichtigsten hier kurz aufgezählt sein mögen : 
1. Die Saftgewinnung: Einführung der hydraulischen Pressen; 
der Centrifugen durch Schöttler, Friclcenhaus und Fesca- des 
Maeerationsverfahrens durch Schüzenbach und des schon von 
Dombasle empfohlenen, in neuerer Zeit durch Fl. Robert in 
Selowitz verbesserten Diffusionsverfahrens. 
2. Die Saftreinigung: Einführung der Kalkscheidung; der Kalk- 
S Kohlensäure (Saturation) durch Schatten 
und .Michaelis; der I ilterpressen; der Schlammentzuckerung 
durch Bodenbender. ° 
3. Das Verdampfen und Einkochen der Säfte: Einführung des 
yacuumapparats durch Howard (1812); der Rillieux’schen° Ver- 
damplapparate durch Tischbein und Robert (1850). 
4. Die Zuckergewinnung aus Melasse: Abscheidung des Zuckers 
als Zuckerbaryt durch Dialysiren nach Dubrunfaut; als Zucker 
kalk nach Scheibler u. a. m. 
Nicht minder ist die Rübenzuckerfabrieation gefördert worden 
duich wissenschaftliche Entdeckungen und Untersuchungen zahlreicher
	        
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