XVII
lebendigere Entfaltung zurück. So gelang es der Industrie
Englands und Frankreichs, dem deutschen Gewerbefleisse
einen Vorsprung abzugewinnen, welchen dieser auszugleichen
bis in die neueste Zeit hinein bemüht sein musste. Mit der
Beendigung der französischen Kriege zu Anfang dieses Jahr
hunderts trat eine günstigere Wendung ein. Die den Verkehr
der einzelnen Staaten hemmenden Zollschranken fielen einer
freieren Gestaltung zum Opfer. Der deutsche Zollverein ver
band die Staaten zu einem einheitlichen Verkehrsgebiete und
ermöglichte durch sein Zollsystem eine gesunde und doch
rasche Entwickelung der Grossindustrie und einen grossen
Aufschwung des Handels. Eine neue Gewerbeverfassung, die
nach und nach sich Bahn brach, gab dem kleinen Gewerbe
einen freieren Boden. Die grossartige Entwickelung der
Verkehrsindustrie endlich schuf der Gesammtindustrie neue
Grundlagen, um mit der Industrie der übrigen grossen Cultur-
staaten in eine ebenbürtige Concurrenz zu treten.
Die Hauptsitze der deutschen Industrie sind auch gegen
wärtig noch im Westen Deutschlands, vor Allem in den Pro
vinzen Rheinland und Westfalen , in Elsass-Lothringen, ferner
im Königreich Sachsen. Kleinere hochentwickelte Industrie
bezirke liegen in den preussischen Provinzen Schlesien und
Sachsen, in den bayerischen Provinzen Pfalz und Franken
und in Hessen. Unter den grossen Städten ragen Berlin,
Hannover, Breslau, Nürnberg, Stuttgart, Strassburg, Elberfeld,
Barmen, Cöln und Aachen durch grosse gewerbliche Regsam
keit hervor.
Die Montanindustrie zunächst anlangend, so beschäf
tigten ausweislich der folgenden Tabelle im Jahre 1870 die deut
schen Bergwerke, Salinen und Hütten (zusammen 4859 Werke)
335,881 Arbeiter, welche rund 825 Millionen Ctr. und 186,270
Pfd. (Gold und Silber) im Gesammtwerthe von 246 Millionen
Thalern producirten. Seitdem hat eine erhebliche Ausdehnung
dieses Industriezweiges stattgefunden, wie denn im folgenden
Jahre bereits die preussische Production allein eben so viel
Arbeiter beschäftigte und einen höheren Werth erlangte, als
die des ganzen Reiches im Vorjahre. Für 1872 wird man
die Zahl der in Deutschland im Betrieb befindlichen Werke
auf mindestens 6000 mit einer halben Million Arbeiter, weit
über eine Milliarde Centner Producte im Werthe von vier
hundert Millionen Thalern veranschlagen können.
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