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Volltext: Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches - Wiener Weltausstellung

194 Gruppe V. 
allein den Bedarf des Inlandes, sondern lieferten noch bedeutende 
Quantitäten Garn und Leinwand — im Anfänge dieses Jahrhunderts 
noch für ca. 20 Millionen Thaler —• zum Export nach England, Spa 
nien und den überseeischen Colonien. Diese günstige Lage änderte 
sich jedoch mit der Einführung der Maschinenspinnerei, deren Aus 
dehnung in England einen mächtigen Impuls erhielt, sowohl durch die 
Continentalsperre wie auch durch die bedeutenden von der englischen 
Legierung während der Jahre 1800—1831 auf die Ausfuhr englischer 
Leinen gewährten Exportprämien; in Deutschland dagegen traten der 
selben Vorurtheil und alte Gewohnheit lange Zeit hemmend entgegen. 
Aus diesem Grunde konnten denn auch die ersten Anfänge der deut 
schen Maschinenspinnerei, welche im Jahre 1811 durch Unterstützung 
der preussischen Regierung in Schlesien ins Leben traten, nur lang 
sam Nachahmung finden. Bis zum Jahre 1843 waren in Deutschland 
15 Flachsspinnereien mit 36,000 Spindeln (wovon in Preussen 28,000 
Spindeln) entstanden, in Oesterreich 8 Spinnereien mit 25,000 Spin 
deln, in Grossbritannien und Irland einige hundert Spinnereien mit 
1 Million Spindeln. Im Jahre 1869 zählte man in Deutschland 
260,000 Spindeln, in Oesterreich 380,000 Spindeln, in England 
1,640,000 Spindeln betriebsfähig aufgestellt und ist anzunehmen, dass 
diese Zahlen auch für das Jahr 1873 noch gelten können, weil bis 
her zu wesentlichen Veränderungen keine Veranlassung vorlag. 
Deutschland hat leider für seine Leinen-Industrie keine bedeu 
tenden, die Entstehung neuer Etablissements begünstigenden Central 
punkte, wie sie England, Frankreich und Belgien besitzen, vielmehr 
verbreitet sich dieselbe über alle Provinzen des Deutschen Reiches, 
und nur Schlesien, Sachsen und Westfalen bieten eine etwas grössere 
Concentration dieses Gewerbezweiges. Dieser Zerstreuung sind denn 
auch zum Theil die geringen Fortschritte der mechanischen Weberei 
beizumessen, die, seit etwa 10 Jahren bei uns ins Leben gerufen, 
im Ganzen nur ca. 3000 Webstühle nachweist, wovon 1400 auf 
Westfalen, 1200 auf Schlesien und 400 auf die übrigen Provinzen 
kommen. England hatte dagegen im Jahre 1869 schon 36,000 mecha 
nische Webstühle im Betriebe. 
Die Hanfspinnerei nimmt im Verhältniss zur Flachsspinnerei in 
Deutschland, wie überall, nur eine untergeordnete Stellung ein. 
Ihre Gesammtausdehnung beträgt ca. 6000 Spindeln, welche grössten- 
theils in Süddeutschland betrieben werden. 
Wichtiger gestaltet sich in neuerer Zeit die Fabrication von 
Jute-Artikeln, welche wegen der Billigkeit und massenhaften Pro 
duction des Rohmaterials einer bedeutenden Ausdehnung fähig ist. 
Dieselbe wurde in Deutschland im Jahre 1861 durch das Etablisse 
ment in Vechelde zuerst eingeführt und hat sich seit dieser Zeit 
schon erheblich gesteigert, so dass gegenwärtig 11,400 Spindeln im 
Betriebe und ca. 9000 Spindeln in der Einrichtung begriffen sind. 
Die Gesammtproduetion dieser ca. 20,000 Spindeln lässt sich auf 
ca. 200,000 Ctr. Garn veranschlagen, wovon etwa % durch mecha 
nische Webstühle verwebt werden.
	        
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