358 Gruppe IX.
Deutschland von jeher besonders cultivirten Zweige, bewährt Deutsch
land unverändert seinen Ruf, unterstützt in dein Vorkommen treff
lich qualificirter Thone, so namentlich in der Gegend von Coblenz.
Den unzweifelhaft bedeutendsten Umschwung hat in technischer
und öconomischer Beziehung die Fabrication von gebrannten
Steinen, Bauornamenten und Drainageröhren in ihrer Rückwirkung
auf die Baugewerke und die Landwirthschaft aufzuweisen. Wenn
die künstlerische Ausbildung und der Ersatz der Handarbeit durch
Maschinen ein gemeinsames Streben mit den Nachbarländern ist,
so gehört doch die epochemachende Einführung des Ringofenbetriebes
— die verdienstvollen Baumeister Hoffmann und Licht mit dem Verein
für Fabrication von Ziegeln etc. an der Spitze — allein dem deut
schen Boden an und hat nach allen Richtungen des Reichs rasche
Verbreitung gefunden.
Im Bereich der feuerfesten Thone ist die deutsche Industrie
von der Natur ungleich weniger begünstigt als das Ausland, nament
lich Grossbritannien und Belgien. Doch hielt auch hier die Aus
dehnung der Production gleichen Schritt mit dem Bedürfniss und
fügte den lange berühmten Erzeugnissen, wie die hessischen Tiegel,
vielfach neue Producte und Anstalten, besonders in feuerfesten Stei
nen hinzu.
In gleicher Richtung, parallel mit den Thonwaaren, aber noch
energischer und kühner ging das Glashütten wesen voran.
Schritt für Schritt folgten sich die Errungenschaften. In den ersten
Jahrzehnten dieses Jahrhunderts Ersatz der herkömmlichen alkalischen
Flussmittel durch bessere und billigere; an die Stelle der Holz- und
Potasche tritt, soweit möglich, die Soda; an die Stelle der Soda im
Tafel- und Spiegelglas ausschliesslich das Glaubersalz; bei den ge
ringsten Glassorten (Flaschenglas) Kochsalz und natürliche Silicate,
wie Mergel, Klingstein, Granit, ferner bei gewissen Gläsern Sehwer-
spath, Flussspath und Kryolith. Weitaus am Folgenreichsten für die
im Brennstoffconsumtion so kostspielige Glasindustrie ist der Um
schwung im Feuerungswesen.
Holz und Sand waren früher die Haupterfordernisse der Glas-
fabrication. Es fanden sich daher die alten Hauptsitze der deutschen
Glasindustrie in den grossen W'aldgebieten und an Orten, wo es an
gutem Sande nicht fehlte. Doch schon zu Anfang dieses Jahrhun
derts trat in einzelnen Gegenden (z. B. Mark Brandenburg) Holz-
mangel ein, der die Glashütten nöthigte, die Arbeit einzustellen oder
Steinkohle als Brennmaterial zu benutzen. Seit dieser Zeit ist letztere
neben der Braunkohle für Flaschen-, Tafel- und weisses Hohlglas,
die Hauptproducte der deutschen Fabrication, mehr und mehr an die
Stelle des Holzes getreten. Der Uebergang zur intensiveren Stein
kohlenfeuerung begünstigte die Massenproduction, die kleinen Häfen
von 2—3 Ctr. machten grösseren von bis 10 Ctr. Inhalt Platz. Die
Glasfabrication ging vom Kleingewerbe in eine Grossindustrie über,
deren Hauptsitze nicht mehr die Wälder, sondern die Kohlendistricte
sind. Wenn dessenungeachtet noch heute viele Hütten mit Holz
betrieb bestehen, so ist dies nur möglich für feinere Artikel, die