lieh auf beide Seitenfenster zu beschränken;
das Mittelfenster ist vielmehr cin Werk des
Matthäus Loder (178171828), dessen Ent-
würfe Anton Kothgasser auf das Glas
übertragen hat 12.
In der Sammlung Meran befinden sich sechs
lavierte Tuschezeichnungen des Ludwig
Schnorr von Carolsfeld (Inv. Nr. 1186 bis
1191), Bildnisstudien von Kaiserpersönlich-
keiten: Rudolf von Habsburg, Maximilian,
Maria Theresia, Josef 11., Leopold 11. und
Franz 1. (11.). Die Darstellungen sind
jeweils in ein Oval komponiert, 310 X
245 mm, und können um so mehr Interesse
beanspruchen, als es eben Schnorr war, der
im Jahre 1823 für den Speisesaal in Laxen-
burg die Entwürfe zu den Glasfenstcrn mit
Darstellungen der habsburgischen Familie
schuf. Um das Oval eines Entwurfes
(Maximilian) ist nun eine Raute gezeichnet,
die mit jenen durch die gotisierende
Architektur im Brandhoffenster gebildeten
Flächen deutliche Übereinstimmung zeigt.
Format und Raute ließen den Versuch einer
Einordnung in die gegebene Architektur
zu. Das Ergebnis überrascht insofern, als
die Stellung der Köpfe eine nahezu selbst-
verständliche Ordnung ergibt, so daß mit
weitgehender Sicherheit von einem ersten
Entwurf zum Mittelfenster gesprochen
werden kann. Olfenbar hatte der Erzherzog
das Thema des Saales, an Laxenburg
angepaßt, zunächst für das Fenster bestimmt
und sich erst später für eine plastische
Ausführung durch Josef Daniel Böhm
(1794-1865) entschlossen. Böhm, der 1825
als Stipendiat nach Rom ging, muß bereits
vor diesem Zeitpunkt die Ausgestaltung des
Saales beendet haben.
Aus diesem Jahr 1825 findet sich nun unter
den Skizzen des Jakob Gauermann eine Fe-
derzeichnung „Bergmann vor dem Stollen"
(Inv. Nr. 214), ein Blatt, das die Bezeichnung
trägt „Augurt 1825 für den Ergb. jahann a]:
lllurter für den Glaullabler zu den Fenrlern im
{peixeraal auf dem Bfwldbüf". Damit ist ver-
deutlicht, daß ein zweiter Entwurf zu dem
Fenster sodann diesem Kammermaler an-
vertraut war; das Thema dürfte wohl in
einer Gruppe von Entwürfen, deren über-
einstimmendes Hochformat die Zusammen-
gehörigkeit rechtfertigt, zu erkennen sein:
Korncrnte, Weinernte, Almabtrieb und Berg-
bau, die wichtigsten Zweige von Landwirt-
schaft und Industrie des Landes also. Nun
hatte tatsächlich noch 1911 eine „Farben-
rkizqe für ein dreiteilige: Glmfenrter im Brand-
bof . . i'll bestanden. Das Blatt muß als
verloren gelten. Fest aber steht, daß
der Bauherr schließlich einem Entwurf des
Matthäus Loder den Vorzug gegeben hat.
Der Anlaß lag wohl nicht nur in der
allgemein größeren Neigung zu dessen
Arbeit, Gauermann klagte eben in diesen
Jahren bitter darüberl4, sondern vielmehr
darin, daß doch zu dieser Zeit, in welche
die Erbschaft fällt, Ereignisse eingetreten
waren, die den Erzherzog veranlaßten, das
Thema entscheidend in einem Sinne zu
ändern, dem Loder am nächsten stand. Mit
jenem bei Irdning ausgesprochenen Ver-
sprechen „Anna, irh lan- nie mehr von Ihnen"
(9. August 1822, Brandhofer, a. a. O.,
2. AufL, p. 81, „dier war die enmneieiende
Stunde") lag für den Prinzen fest, die Ehe
mit Anna Plochl, der Tochter des Post-
meisters von Aussee, einzugehen, wohl
bewußt, was dieser Entschluß für Standes-
probleme auslösen würde15. Damit war
auch das ikonographischc Thema für das
Mittelfenster neu bestimmt: es sollte der
Beziehung des Paares Ausdruck verleihen,
hier entstünde ein neues „Haus, da: die
Zirru in; Srleildefübrt". Die Zirbe, die Zirm,
als der sich allen Stürmen gewachsen zei-
gende Baumstamm der Bergwelt: „An:
diexenl Xtanlnl roll die Zirm enlrteben, sie Jnll
bexeheiden Jleben, bekannt auf Alpe und irn Thal,
zu mahnen der Berge Volk, zu folgen de:
Pfianger: Treue . . ." (Frühjahr 1821) oder
„Gott wird da: Gebäude xrhnell warnten lasten
damit die Zirnle grüne und waelm, die er dureb
da: war mir da: Liehxte ist warluen und in
Zukunft fortpßangen möge . . ." (23. Juli 1823).
Um dieses Motiv gruppierte sich das ganze
Programm: unter dem Symbol Rose für
Anna und Eryngium alpinurn (Mannertreu)
für Johann.
Der Entwurf des Matthäus Loder konnte
nunmehr aufgefunden werden 16; er zeigt
in der Mitte zwei entscheidende Szenen,
um die herum jene Orte gruppiert sind, in
denen sich das Leben des Prinzen abspielte:
Vordernberg, das Haus in Pickern, der
Brandhof und Schloß Thernberg. In der
Mitte oben das Verlobungsgespräeh bei
Irdning (Brandhofer, a. a. O.[81, das
Aquarell Leders, vgl. Katalog Kammer-
maler Nr. 133), darunter der Abschied
Johanns und seines Sekretärs Zahlbruckner
bei der Traunmühle am Grundlsec, eine
Situation, in der der Prinz das erstemal
ernste Gedanken über eine bleibende Ver-
bindung faßte. Auch dazu bestehen mehrere
Vorzeichnungen Loders. Der Künstler hat
aber darüber hinaus seinem Auftraggeber
eine größere Gruppe von Aquarellen
geschaffen, die später, doch wohl noch von
Johann selbst, unter dem Titel „Vergangene
Zeilen" zusammengefaßt wurden. Unter
diesen befinden sich die im Entwurf ver-
wendeten Studien. Doch mehr noch; auch
alle anderen Blätter zeigen so recht erst
ihren Sinn, erkennt man deren allegorisch-
symbolhaften Zweck für das Glasfenster.
S0 etwa jenes bekannte, aber inhaltlich
unklare Blatt, das Erzherzog Johann in
einer Platte seine Braut rudernd zeigt,
während im Hintergrund völlig untopo-
graphisch das Radwerk II, der Brandhof
usw. erkennbar sind. Man könnte sogar
vermuten, die große Zahl der zusammen-
gehörenden Aquarelle dieser Art spräche
für die Absicht, alle drei Glasfenster des
Saales in diesem Sinne zu schmücken. Damit
hatte Jakob Gauermann das Jagdzimmer,
Schnorr die Kapelle und Loder den Saal in
Auftrag erhalten, was bestätigen würde, daß
alle drei zur Zeit noch im Dienste stehenden
Kammermaler ihren Beitrag leisten sollten.
Das Verbot der Eheschließung muß wohl
der Grund gewesen sein, daß dieses Projekt
nicht zur Ausführung gelangte. Es zeigt das
sehr deutlich ein zweites im Brandhof selbst
aufgefundcnes Blatt, das die notwendig
gewordene Abänderung angibt: eben dieses
trägt die Schriftzüge Loders, und wenn an
einer stilkritischen Zuweisung der letzten
Entwürfe noch Zweifel bestehen konnten,
so beseitigt diese der Beweis: Das Blatt
bildet die Grundlage zum Fenster IV, zu
der ausgeführten Fassung I7.
Die Szenen mit Anna und Johann sind nun
verschwunden, die Landschaften viel deut-
licher auf die Objekte bezogen, nur mehr
eine Darstellung der Besitze des Prinzen.
Schloß Thernberg hatte Johann 1825 zum
letztenmal besucht und sich immer mehr
nach Vordernberg und auf den Brandhof
zurückgezogen. So verkaufte er den Besitz
an den Fürsten Liechtenstein (2. Juli 1828)
und ersetzte auch auf dem Fenster Thern-
berg durch das neugebaute Wohnhaus in
Gastein. Damit einerseits und der Zuweisung
an Matthäus Loder anderseits haben wir
eine präzise Datierung gewonnen. Letzterer
starb am 16. September 1828 an einem
plötzlichen Ausbruch der Tuberkulose, und
Gastein war im Frühjahr 1828 zu bauen
begonnen worden. Damit ist auch sehr
deutlich, daß das Mittelfenster zur Ein-
weihung am 24. August dieses Jahres noch
nicht fertiggestellt sein konnte. Die durch
den Tod des G. S. Mohn eingetretene
Lücke wurde nur langsam durch Anton
Kothgasser geschlossen. Ihm ist aller
Wahrscheinlichkeit und Überlieferung nach
die Ausführung der Entwürfe zu danken.
Zieht man die am ausgeführten Fenster
angebrachten Jahreszahlen in Betracht, so
ergeben sich folgende Bezüge: 1822 Er-
werbung des Radwerkes II in Vordernberg,
1823 Erwerbung des Weingutes Pickern,
1818 Erwerbung des Brandhofes, 1828 Bau-
beginn des Wohnhauses in Gastein; die
Zahlen im Mittelfeld bedeuten: 1819 Be-
gegnung mit Anna, 1822 Versprechen bei
Irdning, 1823 Anna bezieht das Haus in
Vordernberg und übernimmt als Hausfrau
auch bald den Brandhof. Die fehlende
Jahreszahl jedoch bezieht sich offenbar auf
die noch nicht offiziell vollzogene Ehe-
ANMERKUNGEN 12 '19
llAuzsqxc-lluugikalalog Rumanrisdxe (älasmalrrvi. a. a. 0..
p. .
w Katalog der Erzherzog-johann-Grdßchlnis-Ausslcllung.
Graz 1911. 130.
lu
H Vgl. Ausste ngskalalng Biedermeier-Ausstellung. Guten-
stcm 1962. p. 63.
ß Vgl. Wokmun-Koschaxzky, Der Brandhofer usw., a. {L
0.. Nachwort und Albertina-Studicn lllll965, p. 154.
32
16 Aquarell über Blcistiß, weiß gehöhl, Papier, 232 X 172 mm,
Dr. Franz Graf Meran, Stainz. Ausgvslclk Erzhenog-
johnnn-Ausilcllung, 1911, Graz Km. Nr. 131.
17 Bleistift, zarte 'l'uschplnsclxc hnung, 161) x 137 mm.
Dr. Franz Graf Meran, Mainz,
I! Die bauliche Fcnigsrellung war eindeutig schon (ü! IBB
vorgesehen und nur durch 1m- Verhinderung der Ehe-
Schließung verschoben worden. Erzherzog Iohann schrieb
am 22. Juli 1322, noch voll Hoffnung zn den Kaiszr
. . wnr irh nun; auf dem Bmruülzvfr, wo das Ilerrliche Cum.
während allzx in den liefern: Gegenden verbrannt wuv durch die
große Hüze. in mir den Wluuzh m41: e: möchle vizlleidtr
' Majestät geruhen küufligexjahr w m. mit Wim". Hau:
f, s; um werde dnxxelbe anzusehen ilbelzeugr m": (Irgend
würde "um nrßfallevl ' (Bericht Erzherzog Johanns an
Kaiser Franz 1.. zitiert Austcllungsknralog Erzherzog-
johann-(icdächtnis-Ausstellung, 1959, p. 26a. 1m. 54a).
w A. Schlussar, De: Briefwechsel zwischen Erzherzog Johann
Baptist von Österreich und Amen Graf Prokcsdl-Osren,
Sxuxlgzr: 1898.
Schließung. Wohl hatte die Trauung, nach
jahrelangem kaiserlichem Verbot, am
17. Februar 1828 in der Kapelle des Brand-
hnfes stattgefunden, doch nur in einer vor
zwei Zeugen, mitten in der Nacht durch-
geführten Zeremunie: hölische Ressentia
ments hatten einer Hciratserlaubnis die
Geheimhaltung auferlegt. S0 durfte auch
am Fenster die Jahreszahl nicht erscheinen.
Es waren inzwischen einige Jahre seit der
Fertigstellung des Baues verstrichen. Johann
hatte die Einweihung aber von einer Ehe-
schließung abhängig gemachtlß, für ihn
war der Brnndhof eben kein Wohnhaus
allein, für ihn war der Bau, die künstlerische
(iestaltung, wie gesagt, mehr: sinnbildlicher
Ausdruck einer geistigen Haltung. Wie
hoffnungsvoll hatte er schon am 31. Juli
1823 an seine Braut geschrieben: „. . . (Ihr
Brief) trißl rnien mil Hanuner und Kelle an dem
Haare rneiner Galle: algfdern Brandhzfarbeilnerld,
{u innl belbend, an die denkend und an rnein lieber
Land! und an nzein Volk, ielJ laufe hir Augnrl
ßvng (z: rein . . ." Doch noch War es nicht
so weit. Mochten die Widerstände zunächst
die Vollendung des Baues verhindern,
endlich aber begriff man doch die Ziel-
setzung des Prinzcn, so wie ein Anton von
Prokesch-Ostcn am 27. Mai 1842 aus Athen
geschrieben hatte: „Wenn wir einrl lifngrt
biniihergegnngen rein werden und nnrere Xähne und
Enkel anrll, wird der Brandlmf norh eine Wall-
fahrlrrtälle der .l'leirer 101d ziberbaupt edler
Älenrrhen rein, denn Welrben Wandel die Zeil
innner berbelfiibre, rie errlirkl die Arblnng
du zrahrhafl (1 e und Xellene nicht" 19.
s Matthäus Luder, m; Gespräch an der Ennsbrucke im
Irduing, 9. August 1x22, im l-iiiltcrgrund Schloß Trnutun-
fcls, ehemaliges Neuhaus und der Grirmning; A unrcll-
cnlwurf 7um (älasfeiusrer m. Slg. Erzherzog ohaun.
lnv. Nr. 266
9 Marrhäm Luder, nu- Traunmühle htlln Gmndlscv.
Blcisrifrskizzc zu einem Aquarell uhu dem Glasfenster
mirdcr Darstellung des Abschieds am 23. August isw:
Szmmluizg hrzhcrzog Julunn, lnv. Nr. 453
m Marrhäus Lodvr, bchilllihlurl am Grundlscc, 7. Juli 1x2:
(Ausschnitt); Aquarell, Sammlung Erzherzog Johann.
lnV. Nr. 264
11 Matthäus Luder. Anna Fluch]. Aquarell, Sammlung
Erzherzog Jolunn, lnv. m. 2x3