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385. Dr. Ferdinand von Hoch stetter, Prof, an der technischen
Hochschule in Wien:
a. Miniatur-Vulkane aus Schwefel.
Die hier zur Ausstellung gebrachten Modelle vulkani-
’ scher Kegelbildung sind nicht etwa künstlich modellirt
oder in einer Form gegossen, sondern durch einen natür
lichen Eruptions-Prozess, bei welchem vulkanische Erup
tionen und vulkanische Kegelbildung im Kleinen nachgeahmt
werden, gebildet.
Nach den neueren Forschungen befindet sich nämlich
die bei den Eruptionen der Vulkane hervorbrechende Lava
im Zustande wässeriger Schmelzung und es ist wesentlich
die Spannkraft des im Innern des vulkanischen Herdes
vorhandenen Wasserdampfes, welcher den Eruptionsvor-
gang bedingt. Ebenso hat die neuere Forschung gezeigt,
dass selbst die grössten und umfangreichsten vulkanischen
Gebirge nicht durch eine die früher gebildeten Schichten
von unten nach oben aufrichtende oder hebende Kraft
(Erhebungs-Theorie) mit einem Male, sondern durch all-
mählige Aufhäufung der Eruptionsprodukte (Aufschüttungs
theorie) im Laufe längerer oder kürzerer Zeiträume ge
bildet wurden.
Prof, von Hochstetter hat sich nun die Aufgabe ge
stellt, diese Ansichten über den Vulkanismus und die
vulkanische Kegelbildung experimentell zu bestätigen und
den vulkanischen Eruptionsprozess im Kleinen nachzuah
men. Alle Versuche, wirkliche Lava in wässerigem Schmelz
fluss, wie ihn die Natur bietet, durch künstliche Schmel
zung von vulkanischem Gesteinsmaterial darzustellen,
müssen an dem hohen Schmelzpunkt der Lava und dem
ungeheuren Dampfdruck, der zu ihrer Schmelzung im
Wasser nothwendig wäre, scheitern. Es handelte sich
also darum, eine Masse zu finden, die bei niedriger Tem
peratur unter einem verhältnissmässig geringen Drucke im
Wasser schmelzbar ist, und dabei die Eigenschaft besitzt,
bei der Schmelzung, ähnlich wie Lava, Wasser zu binden,
und dieses Wasser erst dann wieder in Dampfform nach
und nach frei werden zu lassen, wenn die Masse bei der
Abkühlung erstarrt. Eine solche Masse ist der Schwefel,