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Volltext: Catalog der nationalen Hausindustrie und der Volkstrachten in Maehren : Welt-Ausstellung 1873 in Wien

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Namen jenen ungeteilten und unteilbaren Grundwirthschafts-Complex, 
welcher einer ganzen bäuerlichen Familie als ein Hausvermögen-Con- 
cretum angehört. Es setzt eine solche agrarische Einrichtung vor 
allem Familieneinheit und Gütergemeinschaft voraus. Das Letztere ist 
zwar bei den Walachen, so weit die Geschichte zureicht, nicht mehr 
anzutreffen; aber die Folgen der Gütergemeinschaft, die gemeinschaft 
liche Arbeit, erhielten sich. Benötigt nämlich ein Walach beim Hausbaue, 
oder zur Schnittzeit, oder zum Mähen seiner Wiesen viele Arbeiter, so 
geht er im ganzen Dorfe von Haus zu Haus und bittet, man möge an 
einem bestimmten Tage zur Aushilfe kommen. Diese Aushilfe wird 
Pobaba genannt. An dem angesagten Tage kommt aus jedem Hause, 
Chyza, wenigstens ein Arbeiter oder eine Arbeiterin (po babe). Die 
Arbeiten werden unentgeltlich geleistet, dafür wird aber allen im Hause 
des Arbeitgebers ein Abendessen bereitet, bei welchem Kuchen, bäby, 
eine Hauptrolle spielen. 
Nach dem Abendessen unterhält sich die Jugend mit dem Tanze. 
So war es noch vor einem halben Jahrhunderte auch bei den 
Hanaken. 
Ein anderer Ueberrest einer altslavischen Sitte sind die Spinn 
stuben, wohl noch die einzigen in ganz Mähren. Freilich sind sie auch 
unter den Walachen jetzt schon sehr spärlich, und nur in den Gebirgs- 
dörfern anzutreffen. Als noch in der Umgebung von Roznau die Weber 
von der Baumwolle nichts wussten, die sie gegenwärtig in einer bedeu 
tenden Quantität schon gesponnen aus den Fabriken beziehen und ver 
arbeiten, waren die Spinnstuben (pflstvy) sehr beliebt und wichtig. 
Jetzt haben sie nicht mehr eine solche Bedeutung. 
Vor dem Einbrüche des Herbstes besprachen sich nämlich die 
Mädchen, bei welchem Hausherrn sie ihre Spinngesellschaften im näch 
sten Herbste und Winter haben sollen. Sie suchten und wählten hiezu 
gewöhnlich ein geräumiges Zimmer. Hat der angesprochene Haus 
eigentümer eingewilligt, und sind sie mit ihm in Betreff der Zahlung 
für die Holzspäne, svetidla, und für das Brennholz, drva, überein ge 
kommen, so fingen die Spinnerinen, pfistevnice, und ihnen nach die 
Spinngesellschafter, pfistevnici, jeden Ahend an sich zu versammeln. 
Nur am Donnerstage und Samstage kamen sie nie zusammen; am 
Donnerstage desshalb nicht, weil der Weltheiland an diesem Tage und 
in der Abendstunde im Garten Gethsemani mit Stricken gebunden 
worden ist; man sagt, aus diesem Grunde verwandele sich das an die 
sem Abende gewonnene Gespinnst, pfädlo, in Stricke. Samstag aber 
wollte man darum nicht spinnen, weil dieser Tag der Gottesgebärerin 
geweiht ist, und weil diese Vigil schon zum Sonntage gehört. Daher
	        
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