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heidnischen Vorzeit ein lebhafter Verkehr zwischen den öechoslaven
und nachbarlichen Deutschen stattgefunden haben, weil deutsche Gott
heiten im Lande festen Fuss fassen konnten. Bis zur Gegenwart
schreckt der Mährer und Böhme seine Kinder mit der hochdeutschen
Göttin, Peruchta, die er in Böhmen Parychta, in Mähren Sperechta
nennt. Weiter wissen wir, dass die Prämonstratenser -, die Cister-
cienser- und zum Theile auch die Benediktiner-Ansiedlungen aus Deutsch
land kamen. Aus Steinfelden siedelten sich die Prämonstratenser in
Strahov bei Prag an, von Strahov kamen sie nach Hradisch und Bruck
in Mähren. Nach Plass wanderten Cistercienser aus dem Fränkischen
Langheim, und Welehrad ist eine Colonie von Plass. Und nicht etwa
als Flüchtlinge kamen diese deutschen Mönche nach Mähren, sie kamen
nicht als Fremdlinge, die sich im fremden Lande auf Unkosten An
derer bereichern wollten, sie kamen mit dem Capitale ihres Gewerbe-
fleisses, ihres haaren Vermögens, ihrer agrikolen Kraft und Kenntniss,
und was besonders hervorzuheben ist, sie kamen diese an Handarbeit,
an Entbehrung und Gehorsam gewöhnten Mönche, um die Segnungen
des Heils zu predigen und die neue Pflanze des Christenthums zu be
festigen. Und hinter den Mönchen blieben die Bischöfe von Prag und
Olmütz nicht zurück. Schon der Umstand, dass beide an das Centrum
des deutschen Wesens, an die Metropolie von Mainz, als Suffragane
gekettet waren, und nicht etwa von Magdeburg, wo das slavische Ele
ment vorherrschte, abhingen, schon dieser Umstand musste deutsche
Art und deutsche Sitte ins Land bringen. Der Einfluss von dorther
war unvermeidlich, besonders als die bei weitem grössere Zahl der
böhmischen und mährischen Bischöfe bis in’s XIII. Jahrhundert dem
deutschen Stamme entsprossen, oder in Deutschland gebildet war.
Ein weiteres Moment, welches das Deutschthum in’s Land
brachte, waren die regierenden Fürstinen. Mit weniger Ausnahme
gehörten sie dem deutschen Stamme an, wodurch es geschah, dass
ihre Kinder deutsche Namen und deutsche Erziehung erhielten. Nur
so ist es erklärlich, dass bereits bei der Installation des ersten Prager
Bischofes, Thietmar, also 973, Herzog Boleslav II. und der ihn umge
bende Adel das deutsche Lied „Christi Keinado . . . und die haligen
alle helfent unse“ anstimmen konnten, wie Soböslav II. schon um das
Jahr 1178 den im Prager Burgflecken lebenden Deutschen eigene Pri
vilegien ertheilen, und wie Bofivoj II. gleich um das Jahr 1101 von
einem für die Deutschen in Prag eigens bestellten Richter sprechen
konnte.
Es war somit der Boden vollkommen vorbereitet, als im Anfänge
des XIII. Jakrhundertes die Colonisation durch Deutsche im grossen
Masstabe begann. Obenan steht König Otakar II. (1247 —- 1278) und
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