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V. Heft. Gruppe IX.
die Manipulation bei der Hauptbeschäftigung, die Schleifme
thode, nach wie vor dieselbe primitive, schwerfällige Hand
arbeit blieb, und bis auf die jüngste Zeit kein dortiger Ge
schäftsinhaber daran dachte, dem gewerblichen Fortschritte
entsprechende Verbesserungen einzuführen und anzuwenden.
Inzwischen hatten aber Frankreich, Holland und die
Schweiz, dem „art du lapidaire“ schon längst mit Eifer zuge
wendet, die Vortheile, welche eine mehr und mehr entwickelte
Mechanik bot, allerdings erfasst und, Schritt für Schritt der
Wissenschaft auf dem Fusse folgend, zahlreiche Neuerungen
zur Anwendung gebracht, die ihnen nach und nach ganz un
bestritten den ersten Platz in der Kunst der Steinschleiferei
verschafften. Was jedoch für Turnau fast noch gefährlicher
als diese Thatsaehe werden konnte und auch wurde, war, dass
Deutschland in dieser Kunst hinter den genannten Ländern
nicht zurückblieb; so namentlich in dem kleinen oldenburgischen
Pfarrdorfe Idar, in mehren badischen Städten, wie Waldkirch,
Pforzheim u. s. w., wurden Schleifmaschinen aufgestellt, deren
jede, von Wasser oder Dampf getrieben, in einem einzigen
geschlossenen Baume Hunderte rotirender Scheiben vereinigte,
an welchen mit verhältnismässig nur geringem Kraftaufwande
je ein Arbeiter in wenigen Arbeitsstunden eine grössere Menge
bei Weitem preiswürdigerer Waare zu liefern im Stande war,
als kaum je zw T ei bis drei der tüchtigsten Arbeiter in Böhmen
in angestrengter, tagelanger Arbeit nothdürftig herzustellen
vermochten.
Die Consequenzen blieben nicht lange aus. Die einhei
mische Steinschleiferei ging wiederum von Jahr zu Jahr zu
rück. Während der grössere, ununterbrochen wachsende Con-
sum im Auslande das Rohmaterial vertheuerte, musste Turnau,
um die fertige Waare an den Mann zu bringen, deren Preise
immer niedriger stellen und demzufolge die Arbeitslöhne her
absetzen; wer konnte, gab das Geschäft zur Gänze auf oder
betrieb es höchstens noch aus Liebhaberei.