Stein-, Thon- und Glasindullrie.
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Das Schlimmste aber war bei alledem, dass die sozu
sagen angeborene Hinneigung der städtischen und ländlichen
Bewohnerschaft des Bezirkes zu dem uralten, mit ihr ganz
und gar verwachsenen Gewerbe der Steinschleiferei einen an
deren, lohnenden Erwerbszweig bis auf die letzten Decennien
fast nicht mehr aufkommen lassen wollte.
Gegenwärtig wird der Edelsteinhandel in Turnau von
zehn Parteien versteuert, für welche jedoch in Turnau und
Umgebung (namentlich Eowensko) noch immer mehr als 500
Schleifer ein Rohmaterial echter Edel- und Halbedelsteine (vor
wiegend nurmehr böhmische und tiroler Granaten, Topas und
Jaspis) im Werthe von circa fl. 75.000 zu facettirten (brillan
tsten, geschlegelten und gemuggelten) Fass- und Schnursteinen
verarbeiten, deren Werth, als fertiger Waare, auf fl. 218.750
berechnet wird. Die Lage der armen Lohnarbeiter ist eine
sehr bedauerliche. Der Lohn eines Schleifers beträgt im
Durchschnitt 70 kr. täglich; nur sehr wenige, besonders ver
wendbare Arbeiter bringen bei einer Arbeitsdauer von 5 Uhr
früh Ins spät Abends einen Gulden ins Verdienen, wobei zu
bemerken, dass der Arbeiter von diesem Lohne alle „Zuthat“
zum Schleifen, wie Blei, Zinn, Schmirgel, Trippei, Oel u. s. w.,
beschaffen und überdies — ganz abgesehen von der Familie
- seine Hilfsarbeiter, deren jedem Schleifer zwei bis drei
zur Seite stehen, vollständig erhalten muss.
Ein überaus glücklicher Gedanke, den schon in den fünf
ziger Jahren geradezu trostlosen Gewerbsverhältnissen in Tur
nau zu neuem Aufschwünge zu verhelfen, war der der Grün
dung einer Gewerbeschule daselbst. Der wohlthätige Rückschlag
eines gediegenen fachlichen Unterrichts auf die Gesammtheit
dortiger Gewerbe ist mit aller Zuversicht zu gewärtigen —
ob auch für das hier behandelte Specialgewerbe, steht so lange
ernstlich zu bezweifeln, als dasselbe seinen Jüngern keine
schönere Perspective zu bieten vermag, als die augenblickliche
nackte Wirklichkeit, wie wir sie oben angedeutet.