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V. Heft. Gruppe IX.
Gilt es eine Unterstützung nicht sowohl der gewerb
lichen Entwickelung Tumau’s überhaupt, sondern vielmehr
speciell der gegenwärtig in der That „brodlosen Kunst“ der
Turnauer Steinschleiferei, dann muss — das kann keine Frage
sein — einerseits für den entsprechenden gründlichen Unter
richt in eben diesem Kunstgewerbe gesorgt, andererseits aber
dahin gewirkt werden, dass dasselbe, wie in den Coneurrenzdi-
stricten, mit Benützung der erforderlichen technischen Hilfsmittel
und auf Grund gewisser, unabweislicher Principien, vor Allen
dem der „Theilung der Arbeit“, sich vollständig reorganisire,
mit einem Worte sich fabriksmässig gestalte.
Her erste Schritt hiezu ist gethan. Ueber Anregung
der Reichenberger Handels- und Gewerbekammer hat sich die
Regierung entschlossen, eine „Muster-Werkstätte für Stein
schleiferei“ in Turnau zu errichten, beziehungsweise durch
Gewährung einer ausgiebigen Subvention zu ermöglichen in
der Weise, dass dieselbe mit einer von Privaten zu erbauen
den ersten Steinschleif-F a b r i k (mit Anwendung der Wasser
kraft) verbunden werde. Wir begrüssen das Unternehmen aufs
Wärmste. Die projeetirte Fabrik soll vorläufig etwa 50 Schleif
stühle enthalten, an deren jedem, bei gehörigem Durchmesser
der Stühle, resp. Scheiben, zwei, auch drei, somit auf alle
Fälle schon bei Eröffnung des Betriebes der Fabrik min
destens 100 Schleifer beschäftigt werden könnten. Nach
Aussage von Sachverständigen vermag aber der an einer von
Wasser- oder Dampfkraft in Bewegung gesetzten Scheibe be
schäftigte Arbeiter bei zehnstündiger Arbeitsdauer zum Min
desten um fünfzig Procent mehr zu leisten, als bei dreizehn
stündiger Arbeitszeit der die Scheibe selbst bewegende, sonst
gleichfähige Arbeiter derselben Kategorie. Hundert Arbeiter
also — und in ihnen ebensoviele Familienväter — sind am
Tage der Betriebseröffnung der in Rede stehenden Fabrik
(in welcher die Art der Entlohnung nothwendig die des
„Stücklohnes“ bleiben müsste) in den Stand gesetzt, statt