Stein-, Thon- und Glasinduftrie.
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Nicht minder verhängnisvollen Schicksalen, als sie den
Gablonz - Morchensterncr Glasindustriedistrict betrafen, war
jener von Steinschönau - Haida unterworfen, bevor auch hier
sich die Verhältnisse consolidirten, das heisst die Industrie
wie dort sich mehr und mehr zum Specialgewerbe in des
Wortes bester Bedeutung herausarbeitete — verhältnismässig
keineswegs auf Kosten ihrer Vielseitigkeit und noch weniger
aut Kosten der Gediegenheit der Production. Hie trotz aller
Prohibitivmassregeln riesig wachsende Concurrenz des Aus
landes; ja schon der natürliche Gang der Dinge machte es
dem einzelnen Gewerbetreibenden bald unmöglich, die Industrie
ferner in ihrer Totalität zu pflegen und nach Aussen zu ver
treten; ein specieller Zweig wurde Hauptbeschäftigung und
endlich selbst ausschliessliches Gewerbe: dort, wie gesagt,
die Erzeugung von Glasquincaillerie; hier die Hohlglasraffinerie.
Die scheinbare Einbusse, welche die Industrie durch diese
kluge Selbstbeschränkung erlitt, wurde hier wie dort nach
jeder Richtung reichlich ersetzt durch intensiveren Betrieb
und durch die Möglichkeit der Durchführung des Princips der
Theilung der Arbeit in einer Weise, wie sie vordem niemals
und nirgends geahnt worden war. „In der Beschränkung zeigt
sich erst der Meister.“ Der Weg zur Meisterschaft war be
treten; wir Alle haben die zur Schau gestellten Meisterstücke
bewundert. —
Die napoleonischen Kriege brachten den Haida - Stein-
schönauer Handel nach Spanien und darüber hinaus in’s Stocken.
Die ungefähr im Jahre 1810 in England gemachte Erfindung,
das Krystallglas zu pressen, überschwemmte die noch offenen
Märkte mit englischem Hohlglase, da sich das böhmische Glas
seiner grossen Härte wegen zur Präparirung des durch Jahre
den Markt sozusagen beherrschenden Artikels nicht eignen
wollte. Die Lage unserer Glasarbeiter ward immer kritischer.
Da war esFriedrichEgermann (geb. 1775 zu Schluckenau,
gest. zu Haida am Neujahrstage 1864), der Hilfe brachte und
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