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V. Heft. Gruppe IX.
neues, reges Leben. Ein überaus talentirter, erfindungsreicher
Kopf, dabei Kaufmann vom Wirbel bis zur Sohle geschickt,
sein Wissen und Können bestens zu verwerthen — trat Fried
rich Egermann (mütterlicherseits ein Nachkomme der uralten
Glasmeisterfamilie der Kittel) durch eine Reihe hochwichtiger
Neuerungen auf dem Gebiete der Glasschleiferei, -Malerei und
-Färberei als eine Art Reformator auf, wie ihn die Verhält
nisse just erheischten. Schon als junger Mann von wenig
mehr als 20 Jahren ein sehr gesuchter Glasmaler und zu
gleich berühmt durch die von ihm zuerst in Anwendung ge
brachte Methode des Blindschleifens von sogenanntem Bein
glase _ das „im Auslande itzt dem sonst gewöhnlichen chine
sischen Porzellan vorgezogen“ wird, sagt eine Zeitschrift vom
Jahre 1805*) — erfand Egermann 1817 das bis dahin un
bekannte Mattschleifen des Krystallglases und die Kunst des
Ueberfangens der fertigen Krystallglasmasse mit beliebigen
durchsichtigen Farben, mit welchen beiden Erfindungen er in
kürzester Zeit einen enormen, durchschlagenden Erfolg erzielte
und das böhmische Hohlglas auf dem Weltmärkte glänzend
rehabilitirte. Erfindung folgte aber auf Erfindung oder rich
tiger Verbesserung auf Verbesserung: dem „Edelsteinglase“ in
hundertfachen Farbennuancen (1824) das vielbeliebte und be
lobte „Rubinglas“ (1830) u. s. w.. durch welches Letztere allein,
nachdem das lange sorglichst gehütete Geheimnis seiner Er
zeugungsweise Gemeingut der böhmischen Glasraffineure ge
worden war, sich unzählige Erzeuger und Händler Reicli-
thüiner erwarben. Und. was die Hauptsache war, der Erfolg
brachte Eifer und Nacheiferung mit sich; das Charakteristiken
der Industrie Haidas und der Umgebung war von nun an
das des unermüdlichen Fortschritts in der Veredlung, der
Vollendung des Erzeugnisses.
Hie Hohlglasraffinerie des Glasindustriedistrictes
*) „Patriotisches Tagblatt“ vom 20. April 1805, S. 162.