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V. Heft. Gruppe IX.
von zwei Glashütten des im Jahre 1826 erkauften Gutes Fich
tenbach im Böhmerwalde geliefert. Die Raffinirwerke zu Lin-
denau und Wellnitz polirten und facettirten die Gläser, um
sie alsdann den Belegwerkstätten daselbst zuzuführen. Man
rühmte allerwärts den ausgezeichneten Schliff der Waare und
behauptete, dass der in unmittelbarer Nähe jener Werke vor-
tindliche Schleifsand, bis zu den kleinsten Körnchen von glei
cher Härte, die seltene Eigenschaft besitze, eine so glatte,
reine Politur zu ermöglichen, dass selbst mit Hilfe eines Mi-
kroskopes auf der Schleiffläche nicht eine geritzte Stelle von
der Grösse einer Nadelspitze zu erkennen wäre. In Wirk
lichkeit genossen „Bürgsteiner“ Spiegelscheiben, wie gesagt,
bis auf die Gegenwart eines befriedigenden Absatzes. Nicht
ohne historische Berechtigung hebt eine noch an anderer
Stelle zu citirende Denkschrift hervor, „dass trotz des aner
kannten Einflusses der Franzosen in Aegypten die Spiegelein
richtung des Vicekönigs für die Residenz in Kairo seinerzeit
von der schlichten alten Firma in Bürgstein geliefert werden
musste. Das englische Casino in Smyrna, die Niederlagen in
Smyrna, Beirut. Konstantinopel, Odessa, Bukarest u. s. w. bergen
die wohlbekannte Bürgsteiner Waare.“*) Was die ausge
stellten Scheiben betrifft, so war es den Veranstaltern dieser
Ausstellung selbst offenbar nur um den Ruf der betreffenden
Etablissements als „Rahmeu“-Fabrik zu thun, und will die
Direction auch für die Zukunft ohne Zweifel den Schwerpunkt
ihrer Thätigkeit n i c h t in die Spiegelfabrikation legen, wofür
*) Im Jahre 1870 zählte die Üpiegelfabrik zu Lindenau: 24
Schleifstände, 32 Doucir- und 23 Polirtische mit 410 Polirpflocken,
dann 3 Facettenwalzen, 2 Facettenpolirtische mit 60 Polirpflocken, 4
Belegtische, 6 Gypsstampfen und 1 Gypsbrennofen; die Folienschlä
gerei: 1 Folienhammer, 4 Gusstische, 2 Schmelzkessel und 1 Kessel
zum Quecksilberabtreiben; die Zahl der Arbeiter betrug 204. „Nur
zu dem sogenannten Douciren der Spiegel wurden bisher weibliche
Arbeitskräfte verwendet; alle übrigen Theilarbeiten besorgte Männer-